Venus Williams verspürt pure Dankbarkeit "Hollywood basiert auf dem wahrem Leben"

36 Jahre alt und kein bisschen müde: Die fünfmalige Turniersiegerin Venus Williams will Angelique Kerber im Halbfinale von Wimbledon alles abverlangen. Dabei leidet die ältere Williams-Schwester seit Jahren an der Autoimmunerkrankung Sjögren-Syndrom.

Das ist Venus Williams
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Venus redet leise - und oft klingen die Worte der Älteren und Demütigeren aus dem Williams-Universum weise, irgendwie philosophisch. Dann sagt die 36-Jährige aus den USA Sätze wie: "Einfach aufzuhören, das ist der einfachste Weg. Aber ich will mich nicht aufhalten mit einfachen Sachen." Oder: "Es ist leicht, Angst zu haben. Aber du musst die Angst zulassen, um sie gehen zu lassen."

Venus Williams hat nach ihrem Einzug ins Halbfinale von Wimbledon, in dem sie am Donnerstag auf Angelique Kerber (Kiel/Nr. 4) trifft, noch etwas Bemerkenswertes von sich gegeben. Es ging um ihre märchenhafte Rückkehr auf die ganz große Grand-Slam-Bühne - sechs Jahre nach ihrem letzten Major-Semifinale. Und fünf Jahre, nachdem bei der Schwester von Branchenführerin Serena Williams die Autoimmunerkrankung Sjögren-Syndrom diagnostiziert worden war.

Es ging darum, ob ihr insgesamt sechster Einzeltitel im Rasen-Mekka - es wäre der erste für "VW" seit 2008 - nicht filmreife Züge haben würde. "Das wahre Leben", meinte Venus Ebony Starr Williams, "das ist es doch, auf was Hollywood basiert. So, hey, tun wir es einfach."

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Manch' einer mag in die Aussage der langjährigen Nummer eins und Zeugin Jehovas eine Kampfansage an Kerber hinein interpretieren. Wer den geerdeten, demütigen und zurückhaltenden Teil des charakterlich so grundverschiedenen Williams-Duos aber kennt, der weiß: Das ist nicht Venus' Ding.

Für Superstar Serena ist ihre gut 15 Monate ältere Schwester "die ultimative Inspiration. Ich weiß nicht, ob ich in ihrer Situation solch' eine Stärke aufgebracht hätte", sagte Serena Williams mit Blick auf die chronische Krankheit der Weltranglistenachten: "Sie hat dieses Kämpferherz, um allen Widerständen zu trotzen."

Das Sjögren-Syndrom hat Venus mit Hilfe einer veganen Ernährung und starken Medikamenten einigermaßen in den Griff bekommen. Die extremen Schwächephasen, die sie zeitweise tagelang ans Bett gefesselt hatten, sind weniger geworden.

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Und die siebenmalige Grand-Slam-Siegerin ist längst auf einer besonderen Mission. "Ich spiele inzwischen nicht mehr nur für mich selbst. Ich spiele für alle Leute, die sich nicht wohlfühlen", sagte die 1,85 Meter große Modellathletin, die 1994 in Oakland/USA ihr erstes Turnier auf der WTA-Tour bestritten hatte. Damals war Kerber gerade einmal sechs Jahre alt.

Venus Williams, die im Viertelfinale die Kasachin Jaroslawa Schwedowa (7:6, 6:2) bezwang, strahlt auch in den Tagen von Wimbledon eines aus: Dankbarkeit. Kein Wort der Verbitterung darüber, dass die Krankheit sie wohl etliche Titel gekostet hat. Im Gegenteil. "Das ist mein Leben, und es ist ein wunderschönes Leben. Ich hätte es mir gar nicht anders wünschen können." Weise Worte einer großen Sportlerin, die in Wimbledon das Rad der Zeit zurückgedreht hat.

(sid)
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