Dritte Runde in Wimbledon Die ungleichen Gegner der Zverevs

London · Alexander und Mischa Zverev stehen als erstes Brüderpaar seit 33 Jahren in der dritten Runde von Wimbledon. Dort erwarten sie am Samstag Gegner, die unterschiedlicher nicht sein können.

Wimbledon 2017: Mischa Zverev ohne Mühe in Runde zwei
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Zverev in drei Sätzen in Runde zwei

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Nach dem nächsten denkwürdigen "Doppelsieg" der Familiengeschichte sollte Mischa Zverev wieder einmal über die Beziehung zu seinem Bruder Alexander sprechen. "Wir haben ein tolles Verhältnis zueinander", sagte Mischa: "Wir kommen sehr gut miteinander aus, obwohl wir verschiedene Persönlichkeiten sind." So sehr sich beide Zverevs in Charakter, Auftreten und Spielweise unterscheiden, so unterschiedliche Gegner erwarten sie am Samstag in Wimbledon.

Mischa (29) fordert in seinem Drittrundenmatch den Schweizer Seriensieger Roger Federer heraus, der als Top-Favorit gilt und jeden Grashalm im All England Club kennt. "Wenn er sein bestes Tennis spielt, dann kannst du nur die Bälle einsammeln und warten, dass es vorübergeht", sagte Mischa. Alexander (20) bekommt es dagegen mit einem Nobody zu tun, dem Österreicher Sebastian Ofner, der vor der Qualifikation zum ersten Mal in seinem Leben einen Rasenplatz betrat.

Alexander Zverev meint, Ofner einmal bei einem Jugendturnier gesehen zu haben. Sicher ist er sich nicht, er hat in seinem Tennisleben selten auf die Außenseiter geachtet, und solch einer war Ofner bis zu seinem Abflug nach London.

Nicht einmal die erforderliche weiße Spielkleidung hatte der 21-Jährige im Gepäck, große Aussichten ohnehin nicht, hatte er bis dato nur zweit- und drittklassige Turniere gespielt. Mit einem Gutschein des Veranstalters kaufte er sich wie ein Tourist im Wimbledon-Shop das Nötigste, gewann drei Matches in der Quali und schlug im Hauptfeld die gestandenen Profis Thomaz Bellucci aus Brasilien und Jack Sock aus den USA.

Während es sich Roger Federer mit seiner Familie wie gewohnt weit vor Turnierbeginn in einem Haus im Londoner Südwesten gemütlich gemacht hat, zog Ofner am Freitag bereits zum vierten Mal um. Sein Rückflug-Ticket vom 28. Juni ist längst verfallen. Bei bereits 90.000 Pfund (102.000 Euro) Preisgeld - weit mehr als das Doppelte seiner bisherigen Einnahmen - kann er es verschmerzen.

Alexander Zverev wird diese märchenhafte Geschichte kaum kümmern, wenn er denn überhaupt von ihr gehört hat. Der gebürtige Hamburger verfolgt zielstrebig den nächsten Schritt in seiner Karriere, den erstmaligen Einzug in die zweite Woche eines Grand Slams. Er wird Ofner nicht unterschätzen, wenn alles seinen gewohnten Gang nimmt, trägt er sicher seinen Teil zum nächsten Kapitel der Familiengeschichte bei.

Alexander und Mischa Zverev sind das erste Brüderpaar seit 33 Jahren, das die dritte Runde in Wimbledon erreicht hat. Damals verpassten Tim und Tom Gullikson aus den USA beide den Sprung ins Achtelfinale deutlich. Dieses Schicksal droht auch Mischa Zverev, das weiß er selbst. Vier Niederlagen kassierte der Spezialist für die schnellen Punkte gegen Federer und kündigte daher an, das Risiko am Samstag ins Unermessliche zu steigern.

"Diesmal werde ich alles oder nichts spielen - vielleicht mehr denn je", sagte Zverev, der ohnehin nach jedem Aufschlag ans Netz stürmt. Was er sonst noch tun könne, um Federer in dessen "Wohnzimmer" nervös zu machen? "Vielleicht werfe ich ihm einen bösen, wütenden Blick zu", antwortete Mischa so schlagfertig, wie es sein Bruder Alexander - zumindest noch - nicht kann.

(sid)
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