"Coole Story" Tennis-Nobody "Bruce" Willis entzückt sogar Federer

Die wundersame Reise des britischen Tennis-Nobody Marcus Willis elektrisiert Wimbledon. Der Weltranglisten-772. trifft nun auf Roger Federer.

 Tennis-Nobody Marcus Willis

Tennis-Nobody Marcus Willis

Foto: ap

Fast hätte die Frau seiner Träume den großen Triumph ihrer Nummer eins verpasst. Dabei war es die Zahnärztin mit dem blonden Zopf, die das Wimbledon-Märchen von Tennis-Nobody Marcus Willis erst möglich gemacht hatte. In letzter Sekunde erreichte Jennifer Bate ihren Platz auf Court 17. "Weil in der Praxis einige Gerätschaften ausgefallen sind, mussten alle Nachmittagstermine abgesagt werden", berichtete die 30-Jährige strahlend.

Was Bate im All England Tennis Club von ihrem Freund geboten bekam, war um einiges ansehnlicher als Karies im Backenzahn. Und es fühlte sich für den Weltranglisten-772. Willis, der sich durch zwei Qualifikations-Turniere ins Hauptfeld gespielt hatte, auch um so vieles besser an. "In der Vergangenheit war ich ein übergewichtiger Verlierer, jetzt ist ein unfassbarer Traum wahr geworden", sagte der neue englische Tennis-Held nach dem 6:3, 6:3, 6:4 gegen den Litauer Recardas Berankis (ATP-Nr. 54).

Am Mittwoch wartet nun mit dem Zweitrundenmatch gegen Rekordsieger Roger Federer die vorläufige Krönung seiner Karriere, in der Willis bislang kein einziges ATP-Match gewonnen hatte. "Ich bin nicht sicher, ob er auf Rasen überhaupt spielen kann", scherzte der 25-Jährige über das Duell mit dem siebenmaligen Wimbledonsieger aus der Schweiz.

Auch Federer ist fasziniert von der Cinderella-Geschichte von "Bruce Willis", wie eine Onlineseite in Anspielung auf den Hollywood-Haudrauf schrieb. Federer weiß, dass der begnadete Serve-and-Volley-Spieler jüngst noch als Tennis-Coach im Warwick Boat Club arbeitete - buchbar für umgerechnet 36 Euro die Stunde. "Diese Story hat viele coole Kapitel", sagte Federer und meinte über die Nummer 23 der britischen Rangliste: "Es wäre toll, wenn er mir ein bisschen darüber erzählen könnte, wie das alles passiert ist."

Willis, der noch im "Hotel Mama" in Warwick wohnt, wird dem Maestro also erzählen über die dunklen Zeiten Anfang des Jahres, "als ich morgens keine Motivation hatte, um aufzustehen." Über den Frust eines drittklassigen Tennisprofis, der vor seinem Wimbledon-Start in diesem Jahr auf der ITF-Tour gerade einmal 292 Dollar (rund 265 Euro) verdient hatte - bei seiner einzigen Turnierteilnahme 2016 in Hammamet/Tunesien.

Und er wird Federer bestimmt von Jennifer Bate vorschwärmen, der blonden Zahnärztin, die er auf einem Ellie-Goulding-Konzert kennenlernte. "Es war Liebe auf den ersten Blick", sagte Bate. Die Mutter von zwei Kindern war letztlich der Grund, warum Willis es noch einmal als Profi versuchte und seine Auswanderungspläne über Bord warf. "Ich wollte in die USA gehen, nach Philadelphia, um dort als Trainer zu arbeiten", berichtete Willis und fügte mit leuchtenden Augen hinzu: "Dann aber traf ich dieses Mädchen. Sie sagte, ich bin ein Idiot - und ich soll doch jetzt einfach weitermachen."

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Willis machte weiter - und wie. Durch seinen Einzug in die zweite Runde hat der Sohn einer Lehrerin bereits 50.000 Pfund (60.400 Euro) sicher, in seiner gesamten Karriere hat Willis bislang 69.500 Pfund (84.000 Euro) Preisgeld verdient. "Jetzt kann ich endlich einige Rechnungen begleichen", sagte Willis augenzwinkernd.

Den Triumph wollte er mit seiner Jenny und Kumpels von der Loughborough University feiern. "Aber nicht zu lange, ich brauche meinen Schlaf", meinte der Wimbledon-Held - schließlich soll das Märchen noch nicht zu Ende sein.

(sid)
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