Angelique Kerber Die Weltklasse-Zweite

London/Düsseldorf · Finale in Wimbledon verloren, aber Anerkennung gewonnen. Angelique Kerber hat sich in der Tennis-Spitze festgesetzt.

Zahlen zum Finale zwischen Williams und Kerber
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Foto: dpa, ed

Erst ein paar Tränen, dann überwog die Freude. Nach der Niederlage (5:7, 3:6) von Angelique Kerber im Wimbledon-Finale gegen Titelverteidigerin Serena Williams (USA, 34 Jahre), lächelte die Kielerin in die Kameras, und präsentierte erschöpft, aber voller Stolz die silberne Trophäe des All England Clubs. "Heute habe ich nicht verloren, sondern Serena Williams gewonnen", sagt Kerber nach dem Spiel, in dem sie der weltbesten Tennisspielerin lange Paroli bot.

Rund 15.000 Zuschauern sahen, wie Kerber sich schon in den ersten Minuten im Stile eines Champions aus höchster Not befreite, und gleich drei Breakchancen abwehrte. In der Folge entwickelte sich eine Partie auf höchstem Niveau. Überhaupt agierte die Linkshänderin mutig und ließ sich immer wieder auf intensive und attraktive Grundlinienduelle mit der Titelverteidigerin ein, bei denen Williams öfter die passende Antwort parat hatte. Bezeichnend für das gesamte Spiel: Kerbers erste und einzige Breakchance beim Stand von 3:3 im zweiten Satz wehrte Williams mit einem wuchtigen Ass ab. Es war das zwölfte der US-Amerikanerin. Sekunden später folgte das 13. Sieben Minuten später nutze Williams den ersten Matchball zu ihrem 22. Grand-Slam-Titel.

Doch Kerber braucht sich nicht grämen. In allen sechs Wimbledon-Spielen zuvor hatte sie nicht einen Satz abgegeben, dominierte Williams´ Schwester Venus im Halbfinale nach Belieben. Dass sie wieder auf dem zweiten Rang der Weltrangliste geführt wird, ist längst kein Zufall. "Ich glaube, ich bin jetzt wirklich angekommen", sagt die 28-Jährige auf die Frage, ob sie sich nach ihrem zweiten Grand-Slam-Endspiel nun endgültig zur Weltspitze zugehörig fühle. "Ich weiß, dass ich noch weitere Finals spielen werde", sagt Kerber.

Mit der Finalteilnahme in Wimbledon hat sie auch den letzten Kritikern bewiesen, dass ihr Erfolg zu Jahresbeginn bei den Australien Open keine Eintagsfliege war. Damals in Melbourne besiegte Kerber Serena Williams überraschend mit 6:4, 3:6, 6:4 im Finale, und konnte mit 28 Jahren ihren ersten Grand-Slam-Titel erringen. Bis heute hat Kerber ihr Winkelspiel weiter perfektioniert und die Nummer eins der Welt damit mehr als einmal in Bedrängnis gebracht. Auch deshalb gab es Lob von der Siegerin. "Ich liebe es, gegen Angelique zu spielen. Sie bringt mich immer dazu, mein bestes Tennis aus mir herauszuholen und sie hat immer ein Lächeln im Gesicht", sagt Williams.

Auch für die Siegerin gab es anerkennende Worte. Deutschlands Tennis-Legende Steffi Graf beglückwünschte Serena Williams. Die hatte Grafs Grand-Slam-Rekord eingestellt (22 Titel). "Was für eine unglaubliche Vorstellung von Serena in Wimbledon!", schrieb Graf auf ihrer Facebook-Seite. Serena Williams sei ein "Geschenk".

161 Tage nach ihrem Triumph bei den Australian Open kündigte Kerber selbstbewusst an: "Ich will noch mehr Grand-Slam-Turniere gewinnen. Und ich denke, ich bin auf einem guten Weg." Nun gilt Kerbers Blick dem nächsten großen Turnier. Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (5. bis 21. August) wird sie die deutsche Tennis-Auswahl anführen. Titelverteidigerin, wie sollte es anders sein, ist ihre neue Dauerkontrahentin Serena Williams.

(kt99)
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