Babypause vorzeitig beendet Die Schwäche der Konkurrenz treibt Mama Asarenka an

Düsseldorf/Palma de Mallorca · Beim Rasenturnier auf Mallorca kehrt Wiktoria Asarenka nur ein halbes Jahr nach der Geburt ihres Sohnes auf den Platz zurück. Das Comeback der Weißrussin wird im Damentennis sehnsüchtig erwartet. Auch die Deutsche Sabine Lisicki ist wieder da.

Wiktoria Asarenka holt sich Titel in Miami
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Asarenka holt sich Titel in Miami

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Foto: dpa, esl cs

Asarenka konnte es nicht schnell genug gehen. Eigentlich hatte die 27-Jährige ihre Rückkehr auf die WTA-Tour erst für die Hartplatzsaison angepeilt. Doch dann überlegte sie es sich anders. "Ich habe im Training gute Fortschritte gemacht und fühle mich bereit, Turniere zu spielen", teilte "Vika" ihren Fans Ende Mai mit. Deshalb werde sie schon auf Rasen wieder ins Geschehen eingreifen. Schließlich, so Asarenka, wolle ihr Sohn Leo unbedingt Wimbledon und London kennenlernen.

Nun hat der kleine Mann sicherlich noch keine Vorstellung davon, an welch prestigeträchtigem Ort er seiner Mutter bald beim Tennisspielen zugucken wird. Leo ist erst sechs Monate alt. Doch seiner Mutter trauen auch nach einer solch kurzen Babypause viele zu, auf Anhieb wieder eine gewichtige Rolle im Damentennis zu spielen. Dort herrscht derzeit nämlich ein Machtvakuum. Die langjährige Dominatorin Serena Williams legt ihrerseits eine Babypause ein, Maria Scharapowa meldete sich kurz nach ihrem Comeback nach Dopingsperre mit einer Verletzung erst einmal wieder ab und die Weltranglisten-Erste Angelique Kerber steckt seit Monaten im Formtief. Dass sie immer noch die Nummer eins ist, zeigt, dass auch keine ihrer Konkurrentinnen überragende Ergebnisse einfuhr.

Schon im Vorfeld der French Open konnten Experten und Wettanbieter deshalb auch keine klare Favoritin ausmachen. Den Titel holte sich dann auch völlig überraschend die ungesetzte Lettin Jelena Ostapenko, die während der zwei Wochen Paris ihren 20. Geburtstag feierte. Auch das Damenfeld in Wimbledon gilt als offen wie selten zuvor. Gut möglich, dass Asarenka den Zeitpunkt ihrer Rückkehr auch deshalb um ein paar Wochen nach vorne verlegt hat.

In Wimbledon stand sie bislang zweimal im Halbfinale, ob ihr nach der einjährigen Matchpause wirklich der Titel zuzutrauen ist, ist fraglich. Eine erste Antwort darauf wird Asarenka beim Vorbereitungsturnier auf Mallorca geben. Die ehemalige Nummer eins der Welt spielt dort zunächst gegen Risa Ozaki aus Japan. Klar ist: Asarenka hat sich viel vorgenommen. Während der Babypause stellte sie einen neuen Trainer ein. Michael Joyce, der in der Vergangenheit schon mit Scharapowa gearbeitet hatte. "Ich glaube, Maria und Vika werden die hungrigsten Spielerinnen auf der Tour sein", sagte der US-Amerikaner der "New York Times".

Macht es Asarenka wie Clijsters?

Asarenka könnte in die Fußstapfen einer erfolgreichen Tennis-Mama treten. Die Belgierin Kim Clijsters kehrte 2009 eineinhalb Jahre nach der Geburt ihrer ersten Tochter Jada zurück auf die Tour und gewann nach nur zwei Vorbereitungsturnieren die US Open. Im Winter verblüffte die Biathletin Darja Domratschewa, eine Landsfrau von Asarenka, die Sportwelt, indem sie nur vier Monate nach der Geburt ihres Töchterchens WM-Silber holte. "Häufig kommen die Frauen nach der Geburt stärker zurück", sagt Joyce.

Die frühere Fed-Cup-Spielerin Tatjana Maria, auch unter ihrem Mädchennamen Tatjana Malek bekannt, spielte noch, als sie bereits im dritten Monat schwanger war. Nur knapp vier Monate nach der Geburt von Charlotte kehrte Maria zurück in den Profibetrieb. "Seitdem genieße ich alles viel mehr, es ist viel schöner", sagte sie. Die 29-Jährige selbst ist das beste Beispiel dafür, dass Familie und das reiseintensive Leben als Tennisprofi inzwischen auch für Frauen gut unter einen Hut zu bringen sind.

Darauf hofft auch Asarenka. Die frühere Weltranglisten-Erste ist bis in die Haarspitzen motiviert, körperlich wirkt Asarenka schon in Topform. "Ich spiele jetzt nicht mehr nur für mich", sagte sie der "New York Times". "Ich will, dass mein Sohn stolz auf mich ist. Ich will ihm ein gutes Beispiel sein und zeigen, dass du deine Ziele und Träume mit harter Arbeit verwirklichen kannst."

Lisicki nach Schulterverletzung wieder da

Wegen des Comebacks von Asarenka rückt eine andere Rückkehr etwas in den Hintergrund. Auf Mallorca schlägt auch Sabine Lisicki erstmals nach langer Pause wieder auf. Die gebürtige Troisdorferin hat ihr letztes Match im November 2016 bestritten, danach setzte eine Schulterverletzung die 27-Jährige außer Gefecht. Ihr erstes Match bestritt sie auf ihrem geliebten Rasen gegen die Niederländerin Kiki Bertens — mit Erfolg.

Sowohl Lisicki als auch Asarenka haben vom Veranstalter auf der spanischen Sonneninsel eine Wildcard bekommen. In Wimbledon treten beide mit einem "Protected Ranking" an, dieser geschützte Listenplatz steht Spielerinnen, die wegen Verletzungen, Krankheiten oder wie in Asarenkas Fall einer Schwangerschaft mehr als sechs Monate kein Match bestreiten konnten, für eine bestimmte Anzahl an Turnieren zu. "Endlich zurück auf dem geliebten Rasen", schrieb Lisicki bei Instagram zu einem Foto, das sie auf dem Platz zeigt. Auch die Deutsche dürfte den Zeitpunkt ihres Comebacks nicht zufällig gewählt. Auf Rasen hat sie ihre besten Ergebnisse aufzuweisen, in Wimbledon stand sie — anders als Asarenka — sogar schon im Finale.

(areh)
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