Endspiel der US Open Wawrinka entzaubert Djokovic und wahrt makellose Bilanz

New York · Stan Wawrinka ist auch in New York aus dem langen Schatten des Schweizer Maestros Roger Federer hinausgetreten. Der 31 Jahre alte Eidgenosse bezwang in einem mitreißenden Finale Titelverteidiger Novak Djokovic nach 3:55 Stunden 6:7 (1:7), 6:4, 7:5, 6:3 und triumphierte erstmals in seiner Karriere bei den US Open.

US Open: Stan Wawrinka gewinnt das Finale gegen Novak Djokovic
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Wawrinka gewinnt das Finale gegen Djokovic

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"Ich weiß gerade gar nicht, was passiert", sagte Wawrinka überwältigt und um Fassung bemüht: "Das ist unglaublich, ich bin hier ohne Erwartungen angereist. Ich habe so viel Tennis in diesen zwei Wochen gespielt, ich bin komplett leer." Djokovic gratulierte fair: "Stan hat es heute absolut verdient, diesen Titel zu gewinnen. Für mich waren es trotzdem zwei fantastische Wochen. Ich wusste nicht, ob ich hier überhaupt antreten kann, hätte mir vorher jemand das Finale angeboten, ich hätte eingeschlagen."

Während Rekordchampion Federer (35), der nach einer Knieverletzung erst 2017 auf die Tour zurückkehren wird, seit Wimbledon 2012 auf seinen 18. Grand-Slam-Titel wartet, holte Wawrinka seinen dritten in den vergangenen drei Jahren. 2014 hatte er sich in Melbourne durchgesetzt, 2015 gewann er in Paris - ebenfalls im Endspiel gegen Djokovic (29). Noch nie hat Wawrinka ein Endspiel bei einem der vier Majors verloren.

Der serbische Schützling der deutschen Tennis-Ikone Boris Becker verpasste durch die fünfte Niederlage im 24. Duell mit Wawrinka seinen 13. Majorsieg. Im ersten Halbjahr hatte er noch bei den Australian Open und French Open triumphiert, viele Experten trauten ihm bereits den Golden Slam zu, den Erfolg bei allen vier Grand-Slam-Turnieren plus Olympia-Gold. In Wimbledon geriet Djokovic jedoch aus dem Tritt.

Sein frühes Aus erklärte er mit privaten Problemen, vermutet wird eine Ehekrise. In Rio de Janeiro schmerzte plötzlich das linke Handgelenk und später die Erstrundenpleite. Die Verletzung nahm er mit nach New York, hatte allerdings das große Glück, dass er bis zum Finale kaum getestet wurde. Jiri Vesely (Tschechien) trat gar nicht erst an, Michail Juschni (Russland) und Jo-Wilfried Tsonga (Frankreich) gaben angeschlagen auf.

Wawrinka wehrte Matchball in Runde drei ab

Nur knapp neun Stunden verbrachte er auf dem Platz, Wawrinka quälte sich doppelt so lange bis ins Endspiel. In der dritten Runde war er gegen den Briten Daniel Evans nur einen Punkt vom Aus entfernt, kämpfte sich jedoch weiter. Gegen Djokovic stellte Wawrinka einmal mehr seine besonderen Qualitäten in großen Matches unter Beweis: Zum elften Mal nacheinander gewann der Westschweizer ein Finale.

Djokovic stemmte sich mit allen Mitteln gegen die Niederlage, beim 1:3 im vierten Satz nahm er eine Behandlungspause, die zu diesem Zeitpunkt nur bei einem medizinischen Notfall genehmigt wird. Wawrinka ärgerte sich lautstark über das Verhalten des Weltranglistenersten, der sich nur Blasen an beiden großen Zehen verbinden ließ. Djokovic entschuldigte sich in der Pause bei Wawrinka: "Sorry Stan!"

Bei seinen wenigen Auftritten zuvor hatte sich Djokovic an den Schultern, dem rechten Ellbogen und am Handgelenk behandeln lassen. "Natürlich habe ich Glück gehabt, dass ich einige Tage extra frei hatte", hatte er vor dem Finale gesagt. Das half ihm in der Schlussphase vor mehr als 20.000 Zuschauern im Arthur-Ashe-Stadium - darunter Hollywoodstars wie Leonardo DiCaprio, Kevin Spacey und Michael J. Fox - jedoch kaum, Wawrinka ließ sich nicht mehr von seinem Weg abbringen.

Ab Montag wird er wieder die Schweizer Nummer eins sein, nur Branchenführer Djokovic und Olympiasieger Andy Murray stehen in der Weltrangliste noch vor ihm. Federer fällt auf Platz sieben. Den Maestro erwartet im kommenden Jahr ein weiter weg zurück an die Spitze.

(sid)
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