Trotz Aus bei den US Open Haas verschiebt die Rente: "Die Birne hat noch Lust auf Tennis"

Lust statt Frust: Tommy Haas will seine Karriere trotz der Erstrunden-Niederlage bei den US Open fortsetzen.

Das ist Tommy Haas
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Zur Sicherheit hatten sie für Tommy Haas den größten aller Interviewräume bei den US Open reserviert. Wenn schon ein Abschied, dann einer auf der ganz großen Bühne. Mit viel Drama und Tränen - so wie es die Amerikaner lieben.

Doch ganz unspektakulär beendete Haas nach seinem Erstrunden-Aus in New York alle Spekulationen über einen sofortigen Rückzug aufs Altenteil. "Es ist noch zu früh, um den Schläger an den Nagel zu hängen. Die Birne hat noch Lust auf Tennis", sagte der 37-Jährige nach dem 6:3, 1:6, 7:6 (7:3), 3:6, 1:6 gegen Fernando Verdasco (Spanien).

Die Birne von Haas will also noch - aber die viermal operierte Schulter hält den Belastungen von Fünfsatz-Matches offenbar nicht mehr stand. "Nach zwei Stunden ist sie einfach müde. Ich habe nicht wirklich Schmerzen, aber die Schulter macht dicht, dann kommt einfach nichts mehr raus", erklärte Haas das Problem, das seine Erfolgsaussichten bei den Grand Slams auf ein Minimum sinken lässt.

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Haas scheitert an Raonic

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Foto: dpa, hm

Beim Thema Rücktritt will er sich trotzdem von niemandem unter Druck setzen lassen. "Man muss selbst wissen, wann es Zeit ist zu gehen", meinte der ewige Tommy. Und Haas vermittelte im Bauch des Arthur-Ashe-Stadiums den Eindruck, als ob er insgeheim einen zu späten Abgang fürchtet: "Man muss zufrieden sein, wenn es soweit ist."

Ungeachtet der körperlichen Einschränkung und der siebten Niederlage im zehnten Match nach seinem Comeback im Anschluss an eine über einjährige Pause plant der gebürtige Hamburger trotz aller Bedenken kein baldiges Karriereende. Haas will auch nach knapp 20 Jahren in der Knochenmühle Profitennis einfach nicht loslassen. Nach aktuellem Stand möchte er die ersten sechs Monate der kommenden Saison weiter auf der Tour spielen.

In Stein gemeißelt sind die Planungen von Haas, der bald zum zweiten Mal Vater wird, aber anscheinend nicht. "Vielleicht wache ich in drei Monaten auf, habe ein neues Kind - und keinen Bock mehr auf Tennis", meinte die ehemalige Nummer zwei der Welt. Sein insgesamt 18. Start in Flushing Meadows im kommenden August ist aber in jedem Fall eher unwahrscheinlich. "Wenn das meine letzten US Open waren", sagte Haas, "dann kann ich damit leben."

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Alles spricht derzeit für einen Rückzug auf Raten. Vieles wird auch vom Wohlwollen der Turnierdirektoren abhängen. Weil Haas, derzeit nur noch die Nummer 506 der Weltrangliste, in der nächsten Saison kein sogenanntes "protected ranking" mehr besitzt, muss er sich für die Hauptfelder qualifizieren - oder eben auf Wildcards hoffen. Haas: "Auf jeden Fall habe ich keine Lust, ständig Qualis und Challenger zu spielen."

Eine Teilnahme an den Olympischen Spielen im August 2016 ist nicht mehr das Ziel von Tommy Haas. Es wäre, sagte er in New York, "kein Herzensbrecher", wenn er in Rio nicht mehr dabei sein könnte. Zur Endstation Sehnsucht könnte ein letzter Start in Wimbledon werden, flankiert von einer Abschiedstour bei den deutschen Turnieren in der ersten Jahreshälfte.

Auf die Unterstützung seiner Fans kann sich der Publikumsliebling wohl bis zum Schluss verlassen. In der Partie gegen Verdasco wurde Haas immer wieder frenetisch angefeuert. Genervt war er allerdings von den lauten Ansagen des Schiedsrichters auf dem Nebenplatz, etwas, das ihm nach seinem Rücktritt sicher nicht fehlen wird. "Es gibt aber auch viele Sachen, die ich vermissen werde", sagte Haas mit ein wenig Wehmut in der Stimme. Der Countdown läuft.

(sid)
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