Düsseldorfer Tennis-Legende Wilhelm Bungert wird im Rochusclub geehrt

Düsseldorf · Drei Tage nach dem größten Erfolg seiner Karriere steht Wilhelm Bungert wieder in seinem Sportartikel-Großhandel in Düsseldorf und bereitet bestellte Ware für den Versand vor.

 Wilhelm Bungert 1976 in Wimbledon.

Wilhelm Bungert 1976 in Wimbledon.

Foto: dpa

Jedes einzelne Produkt verpackt er selbst: sein Unternehmen, seine Verantwortung. Der Mann, der da im Lager arbeitet, ist 28 Jahre alt. Ein begnadeter Tennisspieler. Er ist gerade aus London gekommen. Als erster deutscher Spieler nach dem Krieg erreicht er das Endspiel in Wimbledon. Der Titel bleibt ihm versagt. Er unterliegt dem Australier John Newcombe in drei Sätzen - nicht zuletzt, weil er zuvor drei kraftraubende Fünf-Satz-Matches zu bestehen hatte. Zurück in der Heimat wird er dennoch gefeiert wie ein Held. Im Düsseldorfer Rochusclub wird ihm ein triumphaler Empfang bereitet. Die Mitglieder stehen am Rolander Weg mit Fackeln für ihn Spalier. Bis heute ist er dem Verein treu geblieben, in dem er unzählige Turniere bestritten hat. Für seine 50-jährige Mitgliedschaft wird er nun geehrt.

Bungert, Sohn eines Mannheimer Bauunternehmers, betrieb seinen Sport im Amateur-Status. "Die ganze Reiserei als Profi hätte mir nicht gelegen", verrät der heute 76-Jährige. "Ich war froh, wenn ich wieder zu Hause war." Fünf Stunden hat er in der Woche trainiert — heute unvorstellbar. Es hat ihm gereicht. Bungert hat gegen die Großen seiner Zeit gespielt, Rod Laver und Arthur Ashe. Während die Profis zum nächsten Turnier reisten, kehrte er zurück ins Geschäft. Den Großhandel hat er verkauft, geblieben ist die Tennis-Ranch in Hilden. Sieben Tage die Woche ist er dort. Auf dem Platz steht er seit ein paar Jahren nicht mehr.

"Mein Tennis war früher", befindet er. "Die Beine wollen nicht mehr so schnell wie mein Kopf. Alles hat seine Zeit." Das Telefon klingelt. Auf der anderen Seite ist seine Frau. "Moment bitte", sagt Bungert. "Was Wichtiges?" Ja. Er hat das Essen zu Hause vergessen. "Ist mir gar nicht aufgefallen", sagt er. Er war zu beschäftigt. Hier eine Frage von einem Mitarbeiter, da ein Kunde, der mit ihm über einen Rabatt feilschen möchte. Bungert ist der Chef. Bungert entscheidet. Er bleibt sich treu.

Nach seinem guten Abschneiden in Wimbledon kämpfte er drei Jahre später mit dem deutschen Davis-Cup-Team gegen die USA um die bedeutendste Mannschafts-Trophäe. Auch dieser Triumph blieb ihm verwehrt. Doch mit seiner Art, Tennis zu spielen, hat Bungert mit dafür gesorgt, dass sich das elitäre Spiel zum Volkssport entwickelt hat. An seine Zeit als Davis-Cup-Kapitän erinnert er sich nur ungern. Mit Boris Becker zerstritt er sich. Zu unterschiedlich waren die Ansichten in Fragen von Stil und Respekt. "Tennis war ein Gentleman-Sport", sagt Bungert. "Heute geht es nur um Geld."

Für Bungert, einst von der englischen Presse als "der preußische Grenadier" betitelt, ist Tennis vor allem eines: ein Spiel. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

(RP)
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