Djokovic streitet sich mit Reporter "Und in der Halle hätte es schneien können"

Düsseldorf/London · Titelverteidiger Novak Djokovic hat bei seinem Sieg im ersten Match bei der ATP-WM Startschwierigkeiten. Der Serbe, seit einer Woche nur noch die Nummer zwei der Welt, lässt seinen Frust an seinen Trainern und einem Reporter aus.

Novak Djokovic besiegt Dominic Thiem nach Startschwierigkeiten
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Djokovic besiegt Thiem nach Startschwierigkeiten

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Foto: ap, TI

Nur die Zuschauer in der O2-Arena in London bekamen die Szene zu sehen, die zeigt, dass das Nervenkostüm von Djokovic nach einer zweiten Saisonhälfte zum Vergessen angegriffen ist. Djokovic hatte soeben den ersten Satz gegen den Österreicher Dominic Thiem im Tie-Break mit 10:12 verloren. Aus Frust pfefferte der 29-Jährige einen Ball in Richtung seiner Box, wo unter anderem sein Trainer Boris Becker saß. Den TV-Kameras entging der Wutausbruch, für die der Stuhlschiedsrichter Djokovic verwarnte. Schon im Verlauf des ersten Satzes hatte sich Djokovic immer wieder wütend zu seinen Betreuern gewandt.

Der Frustabbau wirkte offenbar. Im zweiten und dritten Satz wirkte Djokovic wesentlich konzentrierter und zwingender in seinen Aktionen. Dem Serben unterliefen anders als dem müde wirkenden Thiem kaum noch unerzwungene Fehler, er entschied das Match schließlich mit 6:7, 6:0 und 6:2 für sich.

Schnee in der O2-Arena?

Mit der Leistungssteigerung dürfte Djokovic zufrieden sein. Dennoch wirkte er nach dem Match dünnhäutig. Als ein Journalist ihn bei der Pressekonferenz auf den Wutausbruch ansprach, reagierte Djokovic genervt. "Ihr seid unglaublich", sagte er. "Ihr reitet immer auf diesen Sachen herum." Den Einwand, sein Frustschlag hätte einen Zuschauer treffen und verletzen können, konterte Djokovic mit einem etwas verqueren Vergleich. "Ja, hätte er. Und in der Halle hätte es schneien können. Hat es aber nicht."

Seit seinem Sieg bei den French Open im Juni ist Djokovic aus der Spur geraten. Er gewann in der zweiten Jahreshälfte nur noch ein Turnier, scheiterte in Wimbledon und bei den Olympischen Spielen früh und wurde in der vergangenen Woche durch den Schotten Andy Murray an der Spitze der Weltrangliste abgelöst. Kleinere Verletzungen und Motivationsprobleme stecken hinter der Formkrise, dazu kommen nicht genauer genannte private Schwierigkeiten, in der Presse wurde über eine Ehekrise spekuliert.

Was wird aus Becker?

Beim letzten Turnier vor der ATP-WM ließ Djokovic seine Trainer Becker und Marian Vajda zu Hause und wurde in Paris lediglich durch "Guru" Pepe Imaz betreut. Der spanische Ex-Profi setzt ironischer Weise auf Meditation unter dem Motto "Liebe und Frieden" und hat bereits mit Djokovics Bruder gearbeitet, der einst an Depressionen litt. Ob die deutsche Tennis-Ikone Becker in der kommenden Saison immer noch Cheftrainer im Team Djokovic sein wird, ist unklar. Sein Vertrag läuft zum Jahresende aus, Djokovic ließ eine Verlängerung der Kooperation zuletzt offen.

Trotz allem gilt Seriensieger Djokovic in London als einer der Titelfavoriten. In den vergangenen vier Jahren triumphierte er bei den ATP World Tour Finals. Die Auslosung bescherte ihm zudem einen Platz in der auf dem Papier deutlich leichteren Vorrundengruppe, sodass kaum jemand mit einem frühen Aus rechnet. Und zumindest die Sätze zwei und drei scheinen anzudeuten, dass auch in diesem Jahr wieder mit Djokovic zu rechnen ist.

Mit dem Titel in London würde Djokovic ein Jahr, das er vor der Formkrise mit zwei Grand-Slam-Titeln phänomenal begonnen hatte, doch noch als Nummer eins abschließen. Am Montagabend greift sein Konkurrent Murray ins Geschehen ein. Der Schotte trifft in der Abendsession (21 Uhr/MEZ) auf Marin Cilic (Kroatien).

(areh)
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