Tennis Djokovic stößt nach Sexismus-Eklat Debatte um Preisgelder an

Indian Wells · Die Endspiele von Indian Wells sind am Sonntag von einem Sexismus-Eklat überschattet worden. Der Turnierdirektor der prestigeträchtigen Veranstaltung in der kalifornischen Wüste äußerte sich abfällig über das Damen-Tennis und sorgte unter anderem bei Siegerin Wiktoria Asarenka und deren Gegnerin Serena Williams für Empörung.

 Serena Williams und Turnierdirektor Raymond Moore bei der Siegerehrung.

Serena Williams und Turnierdirektor Raymond Moore bei der Siegerehrung.

Foto: dpa, mn cs

Die Damen-Profiorganisation WTA befinde sich lediglich "im Schlepptau der Männer" und treffe keine eigenen Entscheidungen", hatte der Südafrikaner Raymond Moore vor den zwei Einzel-Finals am Sonntag gesagt. "Wenn ich eine Spielerin wäre, würde ich jeden Abend auf die Knie gehen und Gott dafür danken, dass Roger Federer und Rafael Nadal geboren wurden. Denn die haben diesen Sport getragen", sagte der 68-Jährige. Zudem erklärte er, die WTA habe einige "sehr attraktive Spielerinnen wie Garbine Muguruza und Eugenie Bouchard". Als Journalisten nachhakten, ob er sich dabei auf das äußere Erscheinungsbild der Spielerinnen oder ihr Tennis beziehe, sagte Moore. "Ich meine beides."

Wenige Stunden nach den Macho-Sprüchen sicherte sich Asarenka (Weißrussland) den Titel durch ein 6:4, 6:4 gegen eine ungewohnt nervös agierende Williams (USA). Im Anschluss besiegte der serbische Weltranglisten-Erste Novak Djokovic in einem einseitigen Herren-Finale Milos Raonic aus Kanada mit 6:2, 6:0. Doch angesichts des Ärgers um den Turnierchef geriet das Sportliche in den Hintergrund.

McEnroe fordert Rücktritt

Der frühere Spieler und jetzige TV-Experte Patrick McEnroe forderte den sofortigen Rücktritt von Moore. WTA-Boss Steve Simon bezeichnete die Äußerungen als "sehr enttäuschend und alarmierend". Die frühere Weltklasse-Spielerin Bille Jean King zeigte sich ebenfalls enttäuscht und twitterte: "Er liegt in vielerlei Hinsicht falsch. Alle Spieler, vor allem die Top-Spieler, tragen zu unserem Erfolg bei."

Noch deutlicher wurden die zwei Endspiel-Teilnehmerinnen, denen Moore zuvor noch bei der Siegerehrung gratuliert hatte. "Wir Frauen sind einen langen Weg gegangen und sollten niemals vor irgendjemanden auf die Knie fallen", sagte Williams. "Wenn ich Ihnen sagen sollte, wie oft ich täglich von Leuten angesprochen werde, die mir erzählen, dass sie nur Tennis gucken, wenn meine Schwester Venus oder ich spielen - ich könnte Ihnen nicht einmal die genaue Zahl nennen", sagte die 34-Jährige. Sexismus sei "immer noch ein Problem in der Welt, nicht nur im Sport", sagte Asarenka.

Djokovic ermahnte Moore zur Fairness. Die Bemerkungen seien politisch nicht korrekt und "etwas übertrieben", sagte der aktuell beste Tennisspieler der Welt. Er sei allerdings schon der Meinung, dass das Preisgeld für die Männer höher sein sollte. "Die WTA-Verantwortlichen haben hart für identische Preisgelder gekämpft und dafür applaudiere ich ihnen. Andererseits denke ich, dass die ATP für mehr kämpfen sollte, denn die Statistiken zeigen, dass wir bei den Herren-Matches deutlich mehr Zuschauer haben."

Djokovic sagte weiter, er habe großen Respekt für die Errungenschaften von Frauen im Sport, geriet bei seinen anschließenden Ausführungen dann aber etwas ins Schlingern. "Frauenkörper sind anders als Männerkörper. Sie müssen ganz andere Dinge verkraften als wir. Hormone und sowas, wir müssen hier nicht ins Detail gehen. Die Damen wissen, was ich meine", sagte der 28-Jährige — und zog damit ebenfalls den Unmut vieler Tennis-Fans auf sich.

Die 18-malige Grand-Slam-Siegerin Navratilova (59) kritisierte den Serben umgehend. "So sehr ich Novak Djokovic liebe, er versteht einfach nicht, warum Frauen und Männer das Gleiche verdienen müssen, wenn sie in kombinierten Turnieren antreten", sagte die gebürtige Tschechoslowakin: "Ich dachte, wir hätten das Thema längst abgehakt."

Die Debatte um "equal pay", also identische Preisgelder für Männer und Frauen, erhitzt seit Jahren die Gemüter im Tennis. Gegner sind der Meinung, da die Herren-Tour ATP mehr Einnahmen generiere, müsse sich das auch bei den Preisgeldern widerspiegeln. Bei den Grand-Slam-Turnieren spielen die Männer zudem über fünf und nicht die die Frauen über drei Gewinnsätze, auch deshalb müssten sie dort höhere Preisgelder bekommen.

Petkovic für "equal pay"

Die deutsche Nummer zwei Andrea Petkovic hatte im vergangenen Jahr in einem Podcast dazu gesagt: "Ich werde immer sauer, wenn ich einige Spieler von der ATP sagen höre, dass sie nicht das gleiche Preisgeld für uns Frauen wollen. Das kann ich überhaupt nicht verstehen. Ich würde Best-of-Five spielen, das ist mir egal. Aber aus TV-Sicht ist es gar nicht sinnvoll, Best-of-Five zu spielen. Ich bin ein großer Tennis-Fan, aber ich schaue nicht sechs Stunden lang ein Match zwischen Rafael Nadal und Novak Djokovic. In der Zeit esse ich, gehe raus, komme zurück und die beiden spielen immer noch und zerstören ihre Körper."

Bei einigen der sogenannten "combined events", also Turnieren, wo Männer und Frauen spielen, sind die Preisgelder für die Männer nach wie vor höher — das ist zum Beispiel in Rom und Cincinnatti der Fall. Bei den Grand Slams sind die Preisgelder hingegen gleich. Laut einer Studie der BBC aus dem Jahr 2014 werden in 30 Prozent der Sportarten, in denen Preisgelder ausgeschüttet werden, die Männer besser bezahlt als die Frauen.

Moore entschuldigte sich später für seine "extrem geschmacklosen und irrtürmlichen" Äußerungen. "Wir hatten heute ein Finale, das die Stärke der Spielerinnen widergespiegelt hat", sagte er.

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