Erstrunden-Aus bei den French Open Auftritt in Paris erinnert an die "alte Petko"

Paris · Selbst die ungeplante Wartezeit in den stickigen Katakomben im Stade Roland Garros nahm Andrea Petkovic komplett gelassen hin. Nach ihrem Erstrunden-Aus bei den French Open flirtete die Darmstädterin im Vorbeigehen noch schnell mit ihrem spanischen Lieblings-Kollegen Feliciano Lopez - dann endlich war auch der vorgesehene Interviewraum 2 frei.

Andrea Petkovic: Ulknudel und Kämpferin
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Foto: afp, dan

Und Petkovic machte in den darauf folgenden Minuten deutlich, dass das Feuer wieder brennt in ihr, trotz der Pleitenserie. "Ich habe Spaß an den schwierigen Situationen im Match und bin geduldig mit mir. Ich bin zufrieden mit meinem Prozess in diesem Jahr", sagte die 29-Jährige nach dem 4:6, 6:3, 3:6 gegen die höher eingestufte Varvara Lepchenko aus den USA (WTA-Nr. 68).

Der Kampfgeist, die Einstellung, die Aggressivität, das ganze Auftreten - "das war wieder die alte Petko", meinte sie. Es klang authentisch. Und mit ihrer subjektiven Wahrnehmung lag die Hessin nicht daneben. Die Leistung von Paris war wieder ein klitzekleiner Schritt in die richtige Richtung. Ihre Emotionen wirken derzeit bestens kanalisiert.

Petkovic hat inzwischen akzeptiert, dass der Weg zurück in die Top 30 irgendwie einer Serpentinenstraße in den Alpen gleicht. Geduld ist gefragt, aber momentan scheint die sprunghafte Weltranglisten-79. mit sich im Reinen.

Doch Petkovic weiß nur zu gut, dass bald auch Siege folgen müssen, um ihren aktuellen Wohlfühlfaktor nicht zu gefährden. Seit drei Wochen arbeitet die Fed-Cup-Spielerin erstmals mit einem reinen Sport-Psychologen aus Darmstadt zusammen.

Und die frühere Nummer neun der Welt spielte gut bei ihrem Lieblingsturnier - kassierte rein faktisch allerdings auch die sechste Erstrunden-Niederlage in Folge. An jenem Ort, an dem sie im Juni 2014 noch im Halbfinale stand.

Seitdem ist die auch immer wieder vom Verletzungspech geplagte Petkovic bei einem Grand-Slam-Turnier nicht mehr über die dritte Runde hinausgekommen. Nicht zuletzt sie selbst, die 2011 in drei von vier Major-Viertelfinals stand, hat da ganz andere Ansprüche.

Am Ende des vergangenen Jahres wechselte die sechsmalige WTA-Turniersiegerin den Coach. Für Simon Goffin kam Sascha Nensel. In langen Gesprächen mit dem Trainerfuchs arbeitete Petkovic eine Strategie aus, deren Motto lautet: Mit dem Herzen eines Teenies und dem Verstand eines Routiniers zurück zum Erfolg.

"Ich sehe mich als 19-Jährige. Als junge Spielerin, die sich alles erkämpfen muss", erklärte sie: "Gleichzeitig bin ich erfahren und weiß, was ich kann."

In ihr Team hat sich die in Bosnien geborene Petkovic einen serbischen Physio geholt: "Das tut mir gut." Wegen des Feuers sozusagen.

Jüngst hat sie für das "Raquet Magazine" einen Artikel verfasst, in dem sie die Rivalität der beiden amerikanischen Expressionisten Willem de Kooning und Jackson Pollock mit der der Tennis-Superstars Roger Federer und Rafael Nadal vergleicht. "Ich habe die Schreiberei geliebt - und gleichzeitig gehasst", meinte sie über das schriftstellerische Abenteuer.

Auf dem Court und außerhalb erlebt man derzeit die besonnene "Petko" - daran änderte auch das frühe Aus von Paris nichts. Richtig wütend wird die Hessin momentan nur, wenn sie die Kommentare über die Formkrise ihrer Freundin Angelique Kerber (Kiel) liest: "Das ist unmöglich, was da teilweise geschrieben wird."

(sid)
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