Deutsche Tennis-Damen verlieren gegen die Schweiz Etwas zu viel Gänsehaut

Leipzig · Das Fed-Cup-Team muss um den Verbleib in der Weltgruppe bangen. Im Viertelfinale unterliegt das Team um Angelique Kerber 2:3 gegen die Schweiz. Dennoch ist es um die Zukunft des deutschen Damentennis sehr gut bestellt.

Als Angelique Kerber nicht mehr im Blickfang der Kameras steht, fängt sie erst einmal herzhaft an zu schluchzen. Die Tränen kullern über das Gesicht der 28-Jährigen. Es ist der Moment, der fast wie eine Erlösung für sie erscheint. Es ist vorbei, egal wie. Augenblicke zuvor hat sie nach ihrem Erfolg am samstag gegen Timea Bacsinsky ihr zweites Einzel in der Partie gegen die Schweiz verloren. Es hätte vermutlich einiges dafür gesprochen, sie überhaupt nicht für die Begegnung gegen die erst 18jährige Belinda Bencic aufzustellen. Die Hoffnung überwog, Kerber könne eine Woche nach ihrem Triumph im Finale der Australian Open noch ein letztes Mal alle ihre Kräfte mobilisieren.

Und Kerber hat gegeben, was der Körper noch hergab. Das reichte aber nicht aus - sie unterlag 6:7 (4:7), 3:6 und bescherte damit ihrem Team eine äußerst ungünstige Ausgangssituation. Am Ende stand eine 2:3-Niederlage der deutschen Damen im Fed-Cup-Viertelfinale. Damit müssen sie um einen Verbleib in der Weltgruppe bangen und am 16./17. April in der Relegation ran.

Deutsche Damen verlieren das entscheidende Doppel
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Petkovic und Grönefeld verlieren das entscheidende Doppel

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Foto: dpa, woi hak

Als Kerber vor ein paar Tagen darauf angesprochen wurde, wie es um ihr Seelenleben nach ihrem bislang größten Erfolg bestellt sei, gab sie zu Protokoll: "Ich schwebe auf einer Wolke. In den vergangenen Wochen habe ich so viele positive Eindrücke gesammelt. Es fühlt sich so unglaublich gut an, wie begeistert ich auch von den Fans empfangen werde. Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich daran denke."

Am Ende war es vermutlich ein wenig zu viel Gänsehaut, was man Kerber ganz bestimmt nicht zum Vorwurf machen kann. "Irgendwann war mein Akku alle. Ich habe schon gestern Abend gemerkt, dass ich immer müder werde", erzählte sie. "Irgendwann kommt man einfach an die körperlichen Grenzen. Ich muss sagen, dass ich noch lange ausgehalten habe."

Die deutsche Teamchefin hatte mitangesehen, wie sich Kerber trotz Schmerzen im Oberschenkel quälte. "Sie tat mir zwischendurch leid", sagte Barbara Rittner, die sich zudem die Anmerkung erlaubte, der Termin für diese Fed-Cup-Runde sei mindestens sehr unglücklich. Der Weltverband (ITF) hat vier Terminmöglichkeiten im Kalenderjahr, ob er einen davon direkt hinter ein Grand-Slam-Turnier legen muss, darüber soll in den kommenden Monaten noch einmal beraten werden. Bislang zeigte sich die Organisation allerdings nicht sonderlich beweglich. "Wir hören uns alles ganz genau an", sagte der neue ITF-Präsident, der US-Amerikaner David Haggerty, im Gespräch mit unserer Redaktion. "Wenn wir besser werden können, dann werden wir natürlich daran arbeiten."

Annika Beck behält gegen Timea Bacsinszky die Nerven
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Beck behält gegen Bacsinszky die Nerven

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Im deutschen Damen-Tennis haben sich in diesen Tagen die Machtverhältnisse eindrucksvoll verschoben. Während sonst die redegewandte Andrea Petkovic und die diesmal nicht nominierte Sabine Lisicki im Mittelpunkt standen, ist nun Kerber gefragte Gesprächspartnerin. Das dürfte vor allem für alle außer Kerber eine sehr spannende Erfahrung sein. Und es könnte sich ein nachhaltiger Umbau der deutschen Mannschaft andeuten. Denn in der Breite hat Rittner eine Vielzahl an Möglichkeiten.

Annika Beck, die mit ihrem Sieg gegen Timea Bacsinsky zum 2:2 ausgleichen konnte, wird der Sprung in höhere Gefilde der Weltrangliste als derzeit Platz 39 durchaus zugetraut. Und auch Anna-Lena Friedsam, wie Beck erst im Achtelfinale in Melbourne gescheitert, ist erst am Anfang ihrer Entwicklung. Eine Julia Görges, lange fester Bestandteil der Nationalmannschaft, muss da schon aufpassen, nicht den Anschluss zu verpassen. Anna-Lena Grönefeld unterlag im entscheidenden Doppel zusammen mit Petkovic dem Schweizer Duo Bencic und Martina Hingis mit 2:6, 3:6.

Die Niederlage schmerzt, ist aber kein Fingerzeig für die Zukunft. Im Gegensatz zu den Herren ist es um das deutsche Damentennis sehr gut bestellt. Die von Rittner intensiv betreute Nachwuchsarbeit zahlt sich aus. Daran ändern auch Rückschläge wie gegen die Schweiz nichts. "Wir werden das jetzt alles sacken lassen und dann nach vorne blicken", sagt die gebürtige Krefelderin Rittner. "Ich habe immer gesagt, wir werden es eines Tages mit diesen Damen schaffen, auch große Titel zu gewinnen. Angelique hat den Anfang gemacht. Ich bin mir sicher, dabei wird es nicht bleiben - im Einzel und auch bei uns im Fed-Cup-Team."

Große Träume kennen keine Grenzen. Jetzt geht es zunächst mal wieder um keine Titel, sondern um den Klassenerhalt.

(gic)
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