Davis Cup in Hannover Verband versöhnt sich mit Boris Becker

Hannover · Am Rande des Davis-Cup-Spiels gegen Tschechien geht der Tennis-Verband auf den ehemaligen Weltstar zu. Deutschlands Spitzenspieler Philipp Kohlschreiber gewinnt das Eröffungseinzel.

Es ist noch gar nicht so lange her, da war Boris Becker vielen hierzulande peinlich. Man zeigte sich nicht mehr gern mit dem Rotblonden aus Leimen, der im zarten Alter von 17 Jahren eine ganze Nation in den Tennistaumel schickte, weil er Wimbledon gewann.

Danach fiel er vor allem mit seinen diversen Liebschaften, Steuerbetrügereien und einer insgesamt bemitleidenswerten Selbstdarstellung auf. Der Deutsche Tennis-Bund (DTB) hat nicht viel unternommen, sein Aushängeschild über fast zwei Jahrzehnte angemessen in Schutz zu nehmen.

Becker und auch Steffi Graf hatten dem DTB Millionen beschert durch TV-Verträge und Werbeeinnahmen. Vom Geld ist nichts geblieben. Der Verband hat über Jahre über seine Verhältnisse gelebt und sich immer mehr ins Abseits manövriert. Man hat also einiges mit Becker gemeinsam.

Nach einem kurzem Engagement des ehemaligen Spielers beim DTB standen sich die Parteien fortan vor allem mit Argwohn gegenüber. In Hannover gab es nun so etwas wie eine öffentliche Versöhnung zwischen Becker und dem DTB. Der mittlerweile 48-Jährige wurde für seine Verdienste im Davis Cup vom Verband geehrt. Becker hatte Deutschland 1988 und 1989 zum Titelgewinn in dem bedeutenden Mannschafts-Wettbewerb geführt.

An diesem Wochenende kämpft das deutsche Team um Philipp Kohlschreiber und Debütant Alexander Zverev gegen Tschechien um den Viertelfinaleinzug. Es gibt in Niedersachsen keine großen Illusionen, die Mannschaft könne an vergangene glorreiche Zeiten anknüpfen. Der DTB ist schon mit wenig sehr zufrieden. Zum Beispiel mit öffentlicher Wahrnehmung. Die ist für das Herrentennis außerhalb von Partien mit der Nationalmannschaft in Deutschland derzeit nur sehr spärlich vorhanden.

Ein wenig trug auch Beckers Anwesenheit am Freitag dazu bei, dass wieder ein paar Menschen mehr zuschauten. Denn Becker ist seit geraumer Zeit wieder vorzeigbar, spätestens seitdem er den Serben Novak Djokovic betreut. Die Nummer eins der Weltrangliste betont immer wieder gerne, wie wertvoll die Erfahrung seines Trainers für sein Spiel sei. Und so ist aus dem Entertainer Boris Becker wieder auch ein Botschafter des Tennis geworden. Beim DTB würde man Becker "in welcher Weise auch immer" gerne einbinden. Ob er dazu allerdings annähernd Lust verspürt, muss nach seinen jüngsten Signalen bezweifelt werden. Er sieht seine Zukunft offenbar vor allem in der Betreuung von Djokovic und sicher weniger in der dringend nötigen Aufbauarbeit im Verband.

Die aktuellen Vertreter der Zunft haben sich am Freitag achtbar geschlagen. Philipp Kohlschreiber, Deutschlands Nummer eins, gewann sein Einzel gegen Lukas Rosol in fünf umkämpften Sätzen 3:6, 6:3, 6:4, 2:6, 6:3. Nach 2:57 Stunden Spielzeit verwandelte Kohlschreiber seinen ersten Matchball. Für die Nummer 30 der Weltrangliste war es im sechsten Vergleich mit Rosol der fünfte Sieg. " Es war eine Achterbahnfahrt, aber mit Happy End", sagte Kohlschreiber.

Die Vormachtstellung des Gasts hat er damit nicht erschüttert. "Die Tschechen haben eine Top-Mannschaft mit Tomas Berdych an der Spitze und sind Favorit. Wenn Deutschland am Sonntag drei Punkte hätte, wäre das eine Riesenüberraschung", sagte Becker. Sascha Zverev nährte in seiner Begegnung mit Berdych große Hoffnungen, aber er unterlag dem Weltranglisten-Siebten nach vier Stunden Spielzeit mit 6:7 (6:8), 6:1, 6:4, 6:7 (5:7) und 4:6.

(gic)
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