Deutsche Tennisspielerin Petkovic denkt nach "Folter" über Karriereende nach

Zhuhau · Andrea Petkovic ist ein hochemotionaler Mensch. Ein Mensch, für den Stillstand Rückschritt bedeutet. Ein Mensch, der aufgrund seiner Intelligenz äußerst perfektionistisch veranlagt ist und über einen bunten Strauß an Talenten verfügt. Irgendwie eine Getriebene, die schier wahnsinnig wird, wenn manche Herausforderung für sie zur unüberwindbaren Hürde wird.

 Andrea Petkovic hat gegen die Spanierin Carla Suarez Navarro die bitterste Niederlage ihrer Karriere kassiert.

Andrea Petkovic hat gegen die Spanierin Carla Suarez Navarro die bitterste Niederlage ihrer Karriere kassiert.

Foto: dpa, msc nic

Diese explosive Melange hat jetzt dafür gesorgt, dass Petkovic unter Tränen ernsthafte Zweifel an der Fortsetzung ihrer Karriere geäußert und depressive Stimmungen eingestanden hat. "Ich muss wirklich herausfinden, ob ich weiter spielen will. Ich hasse derzeit mehr Teile meines Jobs, als ich andere mag. In den letzten zwei, drei Monaten habe ich die Leidenschaft für den Tennissport verloren", sagte die Weltranglisten-24. aus Darmstadt nach ihrem 0:6, 0:6 beim WTA-Turnier in Zhuhai/China gegen Carla Suarez Navarro (Spanien).

Bei einem Interview nach ihrem letzten Match 2015 hatte Petkovic einer Journalistin der WTA-Internetseite über ihre besorgniserregenden Erfahrungen der vergangenen Zeit berichtet. Es flossen viele Tränen - wie in letzter Zeit so oft bei der Hessin. "Als ich Zuhause war, habe ich mich wirklich glücklich gefühlt. Aber ab jener Minute, als ich wieder auf die Tour zurückgekehrt bin, war ich irgendwie deprimiert", sagte die 28-Jährige und fügte an: "So deprimiert, dass ich eigentlich überhaupt nicht mehr aus dem Bett kommen wollte."

Petkovic macht keinen Hehl daraus, dass die Krankheit ihrer Mutter in diesem Jahr ihre Gefühlslage verschärft habe. "Ich wollte einfach Zuhause sein. Aber weil ich Profi bin, habe ich einfach weitergemacht mit dem Training und all den Dingen, die zu tun waren", erzählte die French-Open-Halbfinalistin von 2014 und sprach bedrückende Worte: "Das hat sich angefühlt wie Folter. Jede Minute."

Petkovic steckt in einer tiefen Sinnkrise. Sie gibt zu, dass sie ihre Berufswahl anzweifelt. "Ich habe in dieser Saison gefühlt, dass es das erste Jahr war, in dem ich vielleicht Zeit für andere Dinge verloren habe, weil ich Tennis spiele. Es ist verrückt, aber ich muss es herausfinden", meinte "Petko", die sich für Kunst, Literatur, Politik, Musik und eigentlich alles irgendwie interessiert.

Sie liebt das pulsierende New York, die Museen in Paris, aber auch den verrückten Tripp mit alten Freunden zu einem Musikfestival - inklusive Übernachtung im Zelt. Und weil sie all das auch gerne erzählt, ist der eloquente Fanliebling aus "Djörmenie" bei den Journalisten aus aller Welt einer der gefragtesten Gesprächspartner überhaupt.

In den nächsten Wochen will Petkovic abschalten und ihre Zukunft überdenken. "Ich werde erst einmal vier Tage schlafen, weil ich mich fühle, als hätte ich das zwei Monate nicht getan." Danach plant die sie, bei Reisen nach New York und Portland zu entspannen.

Ihren Fans machte Petkovic trotzdem Mut. "Sie sollen sich nicht so viele Sorgen machen. Ich werde nicht gehen und dann nie wieder zurückkommen. Aber ich werde mir ein bisschen Zeit nehmen."

(seeg/sid)
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