Deutsches Tennis-Talent Zverevs (hoffentlich) lehrreicher Rückschlag

Hannover · Beim Davis Cup wurde Alexander Zverev schmerzhaft vor Augen geführt, dass der Weg in die Weltspitze noch weit ist. Der Teenager muss aus den Niederlagen von Hannover seine Lehren ziehen.

Alexander Zverev verliert entscheidendes Einzel gegen Lukas Rosol
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Zverev verliert entscheidendes Einzel gegen Rosol

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Foto: dpa, jst hpl

Niemand will Michael Stich unterstellen, dass er sich über die sonntägliche Lehrstunde für Deutschlands größte Tennis-Hoffnung gefreut hat. Doch ein Gutes bringt Zverevs schmerzhafte Davis-Cup-Pleite für den Wimbledonsieger von 1991 mit sich: Bei seinem Rothenbaum-Turnier kann Stich auf den Hamburger Teenager als Publikumsmagnet bauen.

Hätte Zverev in Hannover das entscheidende Match gegen den Tschechen Lukas Rosol gewonnen, wäre Deutschland ins Viertelfinale eingezogen, und Zverev Mitte Juli trotz Langzeitvertrag in seiner Heimatstadt wohl verplant gewesen. In der Realität folgt auf die 2:6, 3:6, 1:6-Klatsche allerdings erst im September der nächste Davis-Cup-Einsatz. Dann geht es für Zverev und Co. in der Relegation gegen den Abstieg aus der Weltgruppe.

Lobeshymnen der Experten

Genug Zeit also, die bittere Erfahrung der Premiere zu verarbeiten und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Genug Zeit auch, um die Lobeshymnen der Experten einzuordnen, die in Hannover nicht einmal vorschnell, aber vielleicht etwas zu schrill erklangen.

Zumindest die beiden TV-Plauderer und früheren Nationalspieler Nicolas Kiefer und Alexander Waske lagen mit ihrer Einschätzung, Zverev werde Rosol mit einer Heldentat abfertigen, ziemlich daneben. Auch Teamchef Michael Kohlmann musste erkennen, dass seine Strategie, den Hoffnungsträger in den Himmel zu loben, nicht aufging. Der lange Weg in die Weltspitze ist auch für Zverev mit Rückschlägen gepflastert, die jedoch nichts an der glänzenden Perspektive des noch immer 18-Jährigen ändern.

Bei seinem Debüt am Freitag hatte Zverev Tomas Berdych in einen Fünfsatzkrimi gezwungen und den Weltranglistensiebten dabei derart beeindruckt, dass der später davon sprach, eine mögliche Nummer eins der Zukunft gesehen zu haben. Teamchef-Legende Niki Pilic, der einst mit Boris Becker und später mit Michael Stich den Davis Cup gewonnen hatte, sah Zverev bereits in "zwei oder drei Jahren" im elitären Kreis der besten zehn Spieler des Tennis-Planeten.

Verständlich, dass die Erwartungen der Fans bei so viel Lob in die Höhe schießen, wie der 1,98 Meter lange Zverev in seiner nicht lange zurückliegenden Pubertät. Die beinahe einzigen mahnenden Worte sprach Becker bei seiner Stippvisite am Freitag — bei allem Potenzial, das auch Deutschlands größter Tennisheld in Zverev sieht. "Lasst den Jungen erst einmal in Ruhe erwachsen werden", sagte Becker.

In den knapp zwei Jahren, die Zverev mittlerweile als Stammspieler auf der Profitour unterwegs ist, hat er nicht den Anschein erweckt, seine Entwicklung auf die leichte Schulter zu nehmen. Gemeinsam mit seinem Vater Alexander, einem früheren sowjetischen Davis-Cup-Spieler, und einem erfahrenen Management hat Zverev stets an seinen Schwächen gearbeitet, bei seiner Zielstrebigkeit stand ihm nicht einmal die betonte Lässigkeit mit Hang zur Arroganz im Weg.

Die Verbitterung nach der Pleite gegen Rosol ist ein weiteres Indiz dafür, dass sich Zverev nicht ausruhen wird. Auf die Frage, ob er wenigstens ein bisschen stolz auf seine Davis-Cup-Premiere sei, antwortete er mies gelaunt: "Ich habe zweimal verloren, was soll daran positiv sein?"

Turnierdirektor Michael Stich — so viel ist sicher — wird im Sommer am Rothenbaum einen anderen Alexander Zverev als den Debütanten von Hannover begrüßen dürfen. Sehr wahrscheinlich einen (noch) besseren.

(sid)
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