Rio De Janeiro Scheder turnt zu Bronze und zeigt viel Mitgefühl

Rio De Janeiro · Sophie Scheder weinte vor Glück, doch als die Sensations-Dritte ihre schluchzende Freundin erblickte, war die Freude über den eigenen Bronze-Coup im Nu verflogen. "Das ist doch scheiße! Jetzt ist Elli Vierte", sagte die Turnerin nach dem teaminternen Finalkrimi am Stufenbarren: "Ich werde sie umarmen, drücken und tun, was nur geht. Aber es ist verdammt schwierig, da die richtigen Worte zu finden."

Weil Scheder (Chemnitz) den Wettkampf ihres Lebens zeigte und völlig überraschend Bronze gewann, ging die vermeintliche Medaillenfavoritin Seitz leer aus. Mickrige 0,033 Pünktchen trennten die beiden besten deutschen Kunstturnerinnen - aber die Tränen einten sie. "Ich hätte es ihr auch gewünscht", sagte Scheder mit zittriger Stimme, und die geschlagene Seitz meinte fast zeitgleich: "Ich freue mich natürlich für Sophie."

Wahrscheinlich hätten nur zwei dritte Plätze Scheders Gefühlschaos aufgeräumt und die am Boden zerstörte Seitz getröstet. Dass es auf einen deutschen Zweikampf um eine Medaille hinauslaufen würde, hatte sich angedeutet - nicht erst, als im Finale zwei der Favoritinnen vom Gerät absteigen mussten.

Erst Ende Juni hatte die 19-jährige Scheder die drei Jahre ältere Seitz als deutsche Meisterin im Mehrkampf entthront. Seitz schnappte der Teamkollegin wiederum am Paradegerät den Titel weg. "Das sind beides Frauen voller Selbstvertrauen und Energie. Dass nun eine leer ausgeht, ist traurig. Aber so ist Olympia nun mal", sagte Bundestrainerin Ulla Koch.

Die Bronzemedaille machte aus der zuweilen schüchternen Scheder fast einen neuen Menschen. "Jetzt kann ich behaupten, dass ich Weltklasse bin", sagte sie: "Ich habe es allen gezeigt, die nicht an mich geglaubt haben."

Eine, die immer an sie glaubte, ist ausgerechnet Seitz. Die Teamkollegin war eine der ersten, die Scheder zu ihrem Coup gratulierten. "Sie turnt toll", sagte Seitz, "und sie ist eine tolle Person."

(sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort