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Düsseldorf Sabine Lisicki im freien Fall

Düsseldorf · Die Rheinländerin scheitert in der ersten Runde der US Open sang- und klanglos. Nach dem Turnier wird sie aus den Top 100 der Weltrangliste fallen. Ein 85-Jähriger soll jetzt den Abwärtstrend stoppen.

Es ist gut drei Jahre her, da war Sabine Lisicki das neue, strahlende Gesicht am deutschen Tennis-Himmel. Die Berlinerin stand 2013 im Finale von Wimbledon, hatte unter anderen in einem denkwürdigen Match Serena Williams ausgeschaltet und die Zuschauer mit ihrem ansteckenden Lächeln für sich eingenommen. Im Endspiel gegen die Französin Marion Bartoli war Lisicki dann zwar emotional überfordert, und doch hatte nicht nur sie die Hoffnung, dass es nicht ihre letzte Chance auf einen Titel bei einem Grand-Slam-Turnier bleiben sollte.

Doch es kam anders. Lisicki durchlebte danach sportliche und private Krisen. Die öffentliche Beziehung zu Comedian Oliver Pocher inklusive zahlreicher Auftritte auf dem Roten Teppich und in TV-Shows scheiterte ebenso öffentlich. Beruflich trennte sie sich wenig später von Trainer Christopher Kas, der Spanier Salvador Navarro blieb als dessen Nachfolger nur ein kurzes Kapitel. Auch ein neues Management suchte sich Lisicki.

Unterdessen war es Angelique Kerber, die als erste Deutsche seit Steffi Graf vor 17 Jahren bei einem Grand-Slam-Finale triumphierte. Kerber spielt in New York auch um die Weltranglisten-Position eins, Lisicki wird dagegen nach Abschluss des Turniers nicht mal mehr in den Top 100 zu finden sein. Bei dem unbestrittenen Talent der aufschlagstarken Deutschen ein unfassbarer Absturz.

Der Niedergang von Lisicki verlief stetig, von Jahr zu Jahr wurden die Ergebnisse der 26-Jährigen seit dem Wimbledon-Finale 2013 schwächer. 2016 scheiterte sie sieben Mal bei Turnieren schon an der Auftakthürde. Die dritte Runde erreichte Lisicki nur bei dem schwach besetzten Turnier in Kuala Lumpur und ihrem Lieblingsturnier in Wimbledon, weiter ging es nie. Ins deutsche Olympia-Team schaffte sie es ebenfalls nicht. Zuletzt kam in Montreal und Cincinnati das Aus sogar schon in der Qualifikation.

Vor allem die Art und Weise, mit der Lisicki regelmäßig den Kürzeren zieht, ist bedenklich. In New York setzte es gegen die Kasachin Julia Putinzewa eine deftige 1:6, 2:6-Klatsche, bei der sich Lisicki in nur 65 Minuten Spielzeit neun Doppelfehler erlaubte. Bei den French Open gab es gegen die international gänzlich unbekannte Qualifikantin Veronica Cepede Royg aus Paraguay beim 2:6, 2:6 ein ähnlich deutliches Ergebnis. In Wimbledon setzte es nach zwei Siegen in Runde drei ein 6:7, 1:6 gegen Jaroslawa Schwedowa, ebenfalls aus Kasachstan, ebenfalls kein großer Name.

Ein "beschissenes Jahr zum Vergessen" nennt Lisicki die laufende Saison und gibt sich selbst die Schuld. Nach ihrer Knieverletzung im vergangenen Jahr habe sie zu früh angefangen, weil sie unbedingt zu den Olympischen Spielen wollte. "Ich war nicht vorbereitet, nicht fit und habe trotzdem gespielt. Das konnte nicht gut gehen. Ich bin die ganze Zeit nur hinterhergelaufen", sagt sie, "es war ein schwieriges Jahr, ein Durcheinander, das aufgeräumt werden muss." Ihr Privatleben will Lisicki offenbar tatsächlich privat halten. Eine Lehre aus der Vergangenheit. Gerüchte über eine angebliche Beziehung zu Golf-Star Martin Kaymer bestätigt sie nicht.

In ihrem Frust ist sie zu ihrem früheren Coach zurückgekehrt, dem mittlerweile 85 Jahre alten Nick Bollettieri. In dessen Akademie in Florida wurde sie einst für die Profi-Tour fit gemacht, nun bereitete sie sich dort auf das letzte Grand-Slam-Turnier des Jahres vor. "Im Moment habe ich keine Lust weiter zu suchen. Es muss endlich Ruhe einkehren", sagte Lisicki nach dem Match in New York über ihre Wahl. "Nick und Chip Brooks aus der Akademie kennen mich seit zwölf Jahren. Wir haben schon einmal vieles richtig gemacht, sonst wäre ich ja nicht im Wimbledonfinale gewesen." Mit Bollettieri arbeitete sie an Details wie der Griffhaltung beim Aufschlag, sie will endlich mehr Konstanz in ihr risikoreiches Spiel bringen. "Es ist traurig, dass es sich noch nicht ausgezahlt hat, aber irgendwann muss es das ja", sagt die Berlinerin.

Für die gebürtige Troisdorferin ist so ein Absturz nicht neu. Vor sechs Jahren fiel sie sogar aus den Top 200, kämpfte sich dann bis auf Platz zwölf zurück. Ans Aufgeben denkt sie nach der schweren Enttäuschung von New York dann auch nicht: "Für mich hat Tennis Priorität", sagt Lisicki. "Ich habe immer noch meine Träume und Ziele und bin motivierter denn je. Ich bin sehr entschlossen, zurückzukommen."

Die nächsten Monate werden zeigen, ob es bei einem Lippenbekenntnis bleiben wird.

(areh)
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