"Wünschte, er wäre hier" Cavendish widmet Martin den Tour-Etappensieg

Fougeres · Am Tag nach dem Drama um Tony Martin hat Andre Greipel den Sieg auf der siebten Etappe verpasst. Martins Teamkollege Mark Cavendish triumphierte.

Tour de France 2015: André Greipel verpasst dritten Etappensieg nur knapp
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Greipel verpasst dritten Etappensieg nur knapp

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Als Mark Cavendish seine Durststrecke bei der 102. Tour de France überwunden hatte, dachte der britische Sprinter im Freudentaumel gleich an seinen frisch operierten Teamkollegen Tony Martin. "Dieser Sieg ist für Tony. Ich wünschte, er wäre hier", sagte Cavendish nach dem 26. Tour-Etappenerfolg seiner Karriere.

Martin verfolgte den Triumph seines Kollegen aus der belgischen Mannschaft Etixx-Quick Step in einem Hamburger Krankenhaus am Fernsehen. Spätestens als Cavendish den deutschen Radprofi Andre Greipel auf den letzten 50 Metern überflügelte, dürfte das Lächeln in sein Gesicht zurückgekehrt sein.

Auch Greipel, der knapp am Etappentriple vorbeifuhr, weil er den Sprint zu früh begann, sendete via TV-Kamera Grüße und Genesungswünsche an seinen Landsmann. Die Schuld für die entgangene Gelegenheit suchte er bei sich selbst. "Ich hatte einen guten Punch, aber der Gang war falsch gewählt", sagte der 32-Jährige, der sich damit trösten durfte, das Grüne Trikot behauptet zu haben. "Wir können trotzdem zufrieden sein", sagte er auch deshalb.

Cavendish war nach einigen vergeblichen Anläufen und einiger Kritik überglücklich. "Es ist eine große Erleichterung, meine Mannschaft hat mich nie aufgegeben", sagte der 30-Jährige, der freilich lieber nicht auf Martin verzichtet hätte: "Tony ist so stark, es ist, als hättest du zwölf Fahrer im Team. Jetzt haben wir acht."

Tour de France: Tony Martin quält sich mit Schmerzen ins Ziel
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Tony Martin quält sich mit Schmerzen ins Ziel

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Unterdessen hat die 102. Tour ihren ersten Doping-Skandal. Der Italiener Luca Paolini (38) ist in einer Probe positiv auf Kokain getestet und vom Weltverband UCI am Freitag vorsorglich gesperrt worden. Paolini wurde von seinem russischen Team Katjuscha aus dem Tour-Kader genommen und wird die achte Etappe am Samstag zur Mur-de-Bretagne nicht in Angriff nehmen.

Derweil war sichtbar, wie viel Druck von Cavendish abgefallen war, schließlich war das siebte Teilstück über 190,5 km von Livarot nach Fougeres bis zum Schlusstag in Paris die wohl letzte klassische Sprintetappe. Entspannt hielt der Sprinter von der Isle of Man seine kleine Tochter während der Interviews auf dem Arm, die dann mit dem geschlagenen Greipel abklatschte und ihren Papa küsste.

Für die deutschen Fahrer bleibt es vorerst bei den drei Etappenerfolgen von Martin und Greipel, der bisher zweimal gewann. John Degenkolb (Gera) wurde Tagesvierter und schaffte es wieder nicht, seinen ersten Tour-Etappensieg zu holen. Sein Team hat aber noch keine Ungeduld ausgemacht. "Er ist ganz gelassen", sagte Christian Guiberteau, Sportlicher Leiter bei Giant-Alpecin.

Martin twitterte indes am Nachmittag ein erstes Genesungsfoto, nachdem er sich von seiner erfolgreichen Schulter-OP etwas erholt hatte. Im Hintergrund lief die Tour-Übertragung. "Ich habe ein paar Stunden geschlafen und fühle mich einigermaßen fit. Die OP ist sehr, sehr gut gelaufen", sagte der dreimalige Zeitfahrweltmeister der ARD am Telefon. Eine Titanplatte stabilisiert nun sein linkes Schlüsselbein, in sechs Wochen kann Martin wieder in vollem Umfang trainieren.

Das Maillot jaune, das Martin am Mittwoch und Donnerstag getragen hatte, bekam erst nach der Etappe einen neuen Träger. Christopher Froome (Sky) wollte es zuvor aus Respekt vor Martin nicht überstreifen. Laut Regelwerk war das aber ohnehin nicht gestattet, weil Martin die Etappe in Le Havre am Donnerstag noch beendet hatte. Am Samstag auf der achten Etappe zur Mur de Bretagen wird Froome das Gelbe Trikot nun aber anziehen.

Etappen ohne einen Träger des Maillot jaune hatte es in der Tour-Geschichte immer wieder einmal gegeben. Eddy Merckx weigerte sich 1971, das Jersey vom gestürzten Spanier Luis Ocana zu übernehmen. 2007 sorgte die Flucht des Führenden Michael Rasmussen nicht nur für einen der größten Dopingskandale, sondern ebenfalls für das Fehlen des begehrten Schmuckstücks.

(sid)
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