Tour de France Die Holländer kommen

Düsseldorf · Zum Grand Départ de Tour der France Anfang Juli werden Tausende Niederländer in und um Düsseldorf ihre Party feiern.

 Oranje-Fans säumen die Strecke der Tour.

Oranje-Fans säumen die Strecke der Tour.

Foto: imago sportfotodienst

Der Berg der Holländer liegt in den französischen Alpen. Auf 1860 Metern. L'Alpe d'Huez heißt der Ort, der unsere Nachbarn magisch anzieht. Zu Tausenden machen sich die Holländer im Juli auf, stilecht im Wohnwagen, und sie verwandeln beide Seiten der Kehren hinauf in einen kilometerlangen Lindwurm in Orange. Immer dann, wenn L'Alpe d'Huez im Programm der Tour de France enthalten ist, und das war es seit 1976 bis auf 13 Mal stets.

Den Namen "Berg der Holländer" verdankt die legendäre Bergankunft der Tatsache, dass bis 1989 acht von 14 Etappenerfolgen von holländischen Fahrern errungen werden konnten. Seitdem liegt diese Tradition zwar brach, aber bis heute rangieren die Holländer mit ihren acht Siegen ganz vorn. Die Italiener kommen auf sieben. Also bleibt L'Alpe d'Huez zumindest vorerst der Berg der Holländer.

Dieses Jahr fehlt der Berg im Tour-Programm. Wie schon im Vorjahr. Die Radsportfans aus Holland sind in solchen Fällen zwar flexibel genug, auf andere Bergankünfte auszuweichen, aber in diesem Jahr bietet sich ihnen eben auch direkt vor der Haustür die Möglichkeit, die Faszination Tour auszuleben: das Rheinland.

Die Große Schleife startet schließlich am 1. Juli in Düsseldorf und führt auf ihrer zweiten Etappe durch die Region und über Mönchengladbach hinaus Richtung Lüttich. "Ich gehe davon aus, dass zu diesem Anlass viele Niederländer die kurze Reise über die Grenze machen werden", sagt Ton Lansink. Er muss es wissen, er ist Generalkonsul der Niederlande in NRW. "Aus einem Umkreis von zirka einhundert Kilometern, so hört man, haben viele niederländische Radsportler die feste Absicht, als Team auf dem Rennrad nach Düsseldorf zu kommen", erklärt er.

Die Holländer werden also kommen - allein, in welchen Massen, darüber gibt es keine verlässlichen Zahlen. Aber dass es viele werden, davon gehen alle aus, die man fragt. Denn die Behauptung, dass unsere Nachbarn das fahrradverrückteste Volk Europas sind, zweifelt niemand ernsthaft an. Lansink selbst spricht von den "fahrradvernarrten Niederladen". Und er sagt: "Wir Niederländer sind ja dafür bekannt, dass wir wenige Anlässe benötigen, um ein rauschendes Volksfest zu organisieren. Und dabei tut es nichts zur Sache, wo auf der Welt wir uns dabei gerade befinden."

Mit 18 Millionen Fahrrädern bei 16,9 Millionen Einwohnern sind die Niederlande das einzige Land in Europa mit mehr Drahteseln als Bürgern. Zum Vergleich: In Deutschland kommen auf knapp 82 Millionen Einwohner 73 Millionen Fahrräder. 914 Euro kostet in den Niederlanden ein Fahrrad im Schnitt, knapp 350 Euro mehr als bei uns. Mehr als 30.000 Kilometer Radrouten gibt es in den Niederlanden. 2014 radelten die Holländer rund 14,5 Milliarden Kilometer, also jeder rund 858 Kilometer im Jahr. In der Hauptstadt Amsterdam findet 40 Prozent der gesamten Fortbewegung per Fahrrad statt.

Wer also dem Fahrrad so viel Bedeutung zumisst, der kann dann auch mit Begeisterung für den Radsport nicht wirklich überraschen. Marcel Wintels würde gerne aus dieser Begeisterung Kapital schlagen. Er ist der Vorsitzende des holländischen Radsportverbandes KNWU und seiner knapp 33.000 Mitglieder. Er sagt: "Wir hoffen natürlich, dass die Leute noch mehr Enthusiasmus für den Radsport entwickeln, wenn sie den Grand Départ besucht haben oder die Tour im Fernsehen verfolgen." Und dass es Enthusiasmus sein wird, was Massen seiner Landsleute am ersten Juli-Wochenende über die Grenze schwappen lassen wird, davon ist Wintels überzeugt. "Er wird gewaltig sein." Sein Traumszenario liegt dabei auf der Hand: "Es wäre schön, wenn in naher Zukunft ein Holländer die Tour gewinnen könnte." Vielleicht ja Bauke Mollema. Joop Zoetemelk war 1980 der bislang letzte, dem das gelang.

Wie man dagegen einen stimmungsvollen Auftakt einer großen Rundfahrt hinbekommt, haben die Niederländer erst im Vorjahr bewiesen. Als der Giro d'Italia in Apeldoorn startete. Und im Jahr davor. Als der Grand Départ der Tour in Utrecht stattfand. "Aus den Erfahrungen dieser zwei großen Ereignisse kann ich der Stadt Düsseldorf nur herzlich zu dem Erfolg gratulieren, die Tour de France hierher geholt zu haben. Unsere Erfahrungen waren jedes Mal dergestalt, dass die Anzahl der Teilnehmer alle Erwartungen übertroffen und die Publikumswirksamkeit - ökonomisch gesehen - die Investitionen mehr als gerechtfertigt hat", sagt Lansink.

Gerade den letzten Satz dürfte Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel sehr gerne hören. Und mit ihm die anderen (Ober)-Bürgermeister und Landräte, durch deren Städte die Tour Anfang Juli rollt. Und die natürlich alle darauf setzen, dass viele Holländer vorbeikommen. Mit ihrer kreativen Begeisterungsfähigkeit und gerne um ein paar Euro ärmer bei ihrer Abreise.

(klü)
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