Tour de France Botschafter des afrikanischen Radsports

Pau/Düsseldorf · Daniel Teklehaimanot hat ein Kapitel der Tour-Geschichte geschrieben. Der 26-Jährige aus Eritrea ist der erste Schwarzafrikaner, der die Bergwertung anführt. Die Begeisterung auf dem Kontinent ist groß, die Probleme sind es aber auch.

Teklehaimanot fährt als erster Afrikaner im Berg-Trikot
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Zugegeben, die wahren Herausforderungen warten erst jetzt auf die Radprofis bei der Tour de France. Die zehnte Etappe endet heute nach einem giftigen Schlussanstieg über 15,3 Kilometer in der 1610 Meter hoch gelegenen Pyrenäen-Skistation La Pierre-Saint-Martin. Gelegenheit für Spitzenreiter Christopher Froome, seine Stärke zu demonstrieren. Chance aber auch für seine vermeintlich schärfsten Rivalen Tejay van Garderen (USA/0:12 Minuten zurück), Alberto Contador (Spanien/1:03), Nairo Quintana (Kolumbien/1:59) und Vicenzo Nibali (Italien/2:22), den Topfavoriten aus Großbritannien zu attackieren.

Daniel Teklehaimanot kann dem Treiben recht gelassen zusehen. Der 26-Jährige aus Eritrea hat sich bereits auf der sechsten Etappe einen Kindheitstraum erfüllt. Im Zielort Pau hatte er als erster Schwarzafrikaner das gepunktete Trikot des besten Bergfahrers erobert. Dass die "Berge" nicht gerade furchteinflößend waren (85, 97 und 105 Meter), spielte für ihn und seine Landsleute keine Rolle. "Die Euphorie in Afrika ist unglaublich groß. Die Tour wird dort in 42 Länder übertragen. Da entsteht ein Hype, gerade wenn Afrikaner richtig gut fahren", sagt Jens Zemke. Der Ex-Radprofi aus Wiesbaden ist der Sportliche Leiter des MTN-Qhubeka-Teams, für das Teklehaimanot und dessen Landsmann Merhawi Kudus, mit 21 Jahren der Jüngste im Tour-Feld, fahren.

Für den in Kenia geborenen Froome wird es nicht mehr lange dauern, bis die Resultate der Fahrer aus Afrika stimmen. Der Franzose Bernard Hinault, fünfmal Gewinner der Frankreich-Rundfahrt, erwartet bereits in naher Zukunft einen Tour-Sieger von diesem Kontinent, dessen Sportler in den Ausdauerdisziplinen der Leichtathletik bereits Weltklasse sind. Doch während man fast überall und zu jeder Zeit laufen kann, benötigt man zum Radsport mehr: Rennräder, Ausrüstung, Straßen.

Ein Vorzeigeprojekt ist das Team von MTN-Qhubeka (bedeutet: Fortschritt) mit Sitz in Johannesburg, das dank einer Wildcard erstmals an der Tour teilnehmen kann. Qhubeka ist eine Stiftung, die Kinder und Jugendliche in Südafrika, die oft Fußmärsche bis zu 20 Kilometern zur Schule absolvieren müssen, mit Fahrrädern versorgt.

In seiner Heimat Eritrea ist Teklehaimanot schon ein Star. Vor fünf Jahren siegte er als erster Radsportler des Landes bei den Afrikameisterschaften - und das gleich in drei Disziplinen. Seitdem sorgt er jedes Jahr für Goldmedaillen. Nachdem sein Schweizer Cervelo-Rennstall Ende 2010 aus finanziellen Gründen aufgegeben hatte, wurde Teklehaimanot ein Jahr lang im Trainingszentrum des Weltverbandes (UCI) gefördert. Danach kam er in Australien bei Orica GreenEdge unter.

Dass Teklehaimanot nicht nur "Bergchen" meistern kann, hat er 2015 bei der Dauphine-Rundfahrt in Frankreich gezeigt. Der 26-Jährige gewann die Bergwertung vor Froome und Nibali. Er ist das Gesicht des Radsports in Schwarzafrika. MTN-Teammanager Brian Smith sagt voraus: "Es benötigt nur einen Fahrer, der den Durchbruch schafft. Dann wissen die anderen, dass sie es auch können."

Die Leichtathletik hat es vorgemacht. Vielleicht ist Teklehaimanot ja der Wegbereiter für den Radsport, der, wie er berichtet, in seiner Heimat Volkssport Nummer eins ist.

(RP)
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