Tour de France Froome stürzt und büßt Sekunden ein

Saint-Gervais Mont Blanc · Das Gelbe Trikot war zerfetzt, die rechte Schulter des Dominators blutete: Ein schwer gezeichneter Chris Froome hat nach einem Sturz auf einer dramatischen Rutschpartie in den Alpen seine Gesamtführung bei der Tour de France unter Schmerzen erfolgreich verteidigt.

Tour de France: Chris Froome schleppt sich nach Sturz ins Ziel
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Froome schleppt sich nach Sturz ins Ziel

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Foto: ap, PDJ

Im verregneten Finale der ohnehin komplizierten 19. Etappe ins Mont-Blanc-Massiv nach Saint-Gervais baute der Brite seine Führung sogar aus und gab erstmal Entwarnung. "Es ist alles gut, nicht Ernstes. Ich habe nur ein bisschen Haut verloren", sagte der 31-Jährige. Allerdings war sein Lächeln etwas gequält und sein rechtes Knie bandagiert, als er das Podium betrat und ein weiteres "Maillot jaune" entgegennahm.

Franzose Bardet siegt

Auf dem Rad seines Sky-Teamkollegen Geraint Thomas erreichte Froome das Ziel bei der letzten Bergankunft der 103. Frankreich-Rundfahrt, die der Franzose Romain Bardet für sich entschied und damit für den ersten Etappentriumph der Grande Nation bei der diesjährigen Auflage sorgte. "Ich bin dankbar, dass ich so einen großen Vorsprung habe", sagte Froome: "Heute hat man gesehen, wie schnell bei der Tour etwas passieren kann."

Froome ist jetzt nur noch zwei Renntage und 259,5 Kilometer von der Krönung in Paris entfernt, Bardet mit einem Rückstand von 4:11 Minute sein unmittelbarer Verfolger. Der Brite stürzte in einer Rechtskurve der Abfahrt an den Fuß des Schlussanstieges und ging über das Vorderrad zu Boden. "Ich bin auf der weißen Straßenmarkierung ausgerutscht", sagte Froome.

Er steckte den Zwischenfall zunächst gut weg und hielt das Hinterrad seines Edelhelfers Wouter Poels. Doch neben der Schulterblessur und den Schürfwunden am Rücken waren das Leiden und die Schmerzen seiner Mimik zu entnehmen. Im Ziel dankte Froome seinem niederländischen Teamkollegen mit einem Klaps auf die Schulter.

Der Sky-Kapitän war aber bei weitem nicht das einzige Opfer der spiegelglatten Straßen, die einsetzender Regen in der Endphase des Rennens zu einem unkalkulierbaren Risikofaktor machte. Reihenweise gingen die Fahrer zu Boden, wie auch der Niederländer Bauke Mollema oder der Franzose Pierre Rolland. Mollema kassierte letztlich eine richtige Packung und verlor seinen zweiten Gesamtrang. "Ich hatte einfach nur Glück, dass ich nicht gestürzt bin", sagte Emanuel Buchmann, der als bester Deutscher auf Rang 24 ins Ziel kam, in der ARD.

Dumoulin bricht sich Unterarm-Knochen

Zu einem ganz bitteren Tag wurde der schwierigste Alpen-Abschnitt auch für den Niederländer Tom Dumoulin, der am Donnerstag noch Froome im Bergzeitfahren gefordert hatte. Der 25-Jährige aus dem deutschen Team Giant-Alpecin stürzte rund 60 km vor dem Ziel nach einer Berührung mit einem Konkurrenten zog sich einen Knochenbruch im linken Unterarm zu. Bei weiteren Tests in Dumoulins niederländischer Heimat soll entschieden werden, ob eine Operation notwendig ist. "Das ist ein enormer Rückschlag", sagte er in der Teammitteilung. "Ich wusste direkt nach dem Unfall, es sind schlechte Nachrichten."

Dumoulin, zweifacher Etappensieger der Tour 2016, stieg mit Tränen in den Augen in ein Begleitfahrzeug und - viel schlimmer - muss nun um die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro bangen. Nach seinen Tour-Leistungen galt Dumoulin als Gold-Mitfavorit für das olympischen Einzelzeitfahren am 10. August. "Ich werde nicht nach Rio fahren, wenn ich keine Chance auf eine Medaille habe", sagte Dumoulin.

Das deutsche Rundfahrt-Talent Buchmann hatte seine Ankündigung in die Tat umgesetzt und den Sprung in die Ausreißergruppe des Tages geschafft. Im Bergzeitfahren am Donnerstag hatte der Ravensburger extra ein paar Körner für die Attacke gespart. Unter den zunächst 20 Fahrern an der Spitze waren auch Zeitfahr-Spezialist Tony Martin und Routinier Marcus Burghardt, die aber im Anstieg zum Montee de Bisanne früh zurückfielen.

Und auch Buchmann hielt nicht wesentlich länger stand. Probleme bekam er nach einer Tempoverschärfung von Rafal Majka, dem Träger des Bergtrikots, dem der Sieg in der Sonderwertung nun nicht mehr zu nehmen ist.

Dass die Gruppe keine echte Aussicht auf den Tagessieg haben würde, lag an Astana, die richtig Druck aufbauten, um ihren Kapitän Fabio Aru noch eine Chance auf das Podium zu geben. Doch stärker als Aru war im Finale der wie entfesselt fahrende Bardet. "Es ist unglaublich, ich habe es noch gar nicht realisiert. Auf den letzten Metern habe ich es einfach nur genossen", sagte der Franzose.

Am Samstag werden wohl auch die allerletzten Zweifel an Froomes Gesamtsieg verschwinden, wenn seine Gesundheit es zulässt. Bevor jedoch die Pläne für die Siegesparty in Paris geschmiedet werden können, folgt die abschließenden Alpen-Prüfung. Auf dem 146,5 km langen Teilstück von Megève nach Morzine stehen nochmals vier Bergwertungen auf dem Programm. "Es wird ein ganz harter Tag. Es kann sein, dass ich etwas lädiert bin", sagte Froome.

(old/dpa)
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