Tour de France Greipel gewinnt Schlussakkord, Froome feiert Toursieg in Paris

Als Christopher Froome im Gelben Trikot auf dem Podium der Tour de France andächtig den Klängen der britischen Nationalhymne lauschte, hatten sich sogar die dunklen Regenwolken über Paris verzogen. Sichtlich bewegt schloss der Gewinner der 102. Frankreich-Rundfahrt bei der Siegerehrung immer wieder die Augen, er atmete tief durch - und wandte sich dann mit einem klaren Bekenntnis an alle Zweifler. "Ich werde das Gelbe Trikot in Ehren halten", sagte Froome.

Tour de France: Chris Froome und seine Triumphfahrt durch Paris
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Froomes Triumphfahrt durch Paris

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Foto: afp, AG-MM

Skepsis hatte den 30-Jährigen vom Team Sky während der dreiwöchigen Rundfahrt begleitet, vor allem seine dominanten Leistungen in den Pyrenäen weckten bei so manchem Beobachter Erinnerungen an Lance Armstrong und die schwärzeste Ära der Radsport-Geschichte. Ein ähnlich dunkles Erwachen soll es in Froomes Fall nicht geben.

Auf den Straßen Frankreichs mündete die Kritik an dem in Kenia geborenen Radprofi häufig in Beleidigungen vonseiten der Fans, zum Teil wurde Froome sogar bespuckt. Am Sonntag spielten diese unschönen Begleitumstände allerdings keine Rolle mehr. Von seiner Ehefrau Michelle gab es einen Kuss, zuvor war er an der Seite seiner Teamkollegen, die ihm den zweiten Gesamtsieg nach 2013 überhaupt erst ermöglicht hatten, über die Ziellinie gerollt. "Ich möchte ihnen danken, ohne sie wäre ich nicht hier", sagte Froome: "Es ist euer Gelbes Trikot."

Kurz vor Froomes Ehrung hatte sich auch Andre Greipels Kindheitstraum erfüllt. Als Etappensieger durfte der gebürtige Rostocker ebenfalls das Podium auf dem Pariser Prachtboulevard betreten - krönender Abschluss und verdienter Lohn für eine Traum-Tour. Vier Etappensiege feierte der "Gorilla", der mit Abstand beste Sprinter bei der Tour 2015. Von Spaßvogel Peter Sagan (Slowakei), der zum vierten Mal in Folge das Grüne Trikot des Punktbesten gewann, gab es für Greipel sogar ein Küsschen auf die Wange.

Tour de France: Andre Greipel krönt sich zum Sprinterkönig
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Greipel krönt sich zum Sprinterkönig

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Foto: ap, PDJ TH

"Paris ist die Sprinter-Hauptstadt im Radsport. Wir haben in diesem Jahr alles richtig gemacht, ich bin superstolz auf die letzten drei Wochen. Alles, was ich in meiner Karriere gemacht habe, zahlt sich aus. Ich genieße es", sagte Greipel in der ARD und versicherte, "nicht mit Wasser" feiern zu wollen. Am Mannschaftsbus von Lotto-Soudal war Greipel die gefragteste Person - nicht nur bei seiner Ehefrau und seinen beiden Töchtern. "Es gibt nur einen Andre Greipel", sangen seinen Helfer um seinen guten Kumpel Marcel Sieberg.

Zuvor hatte es das Feld auf der 109,5 km langen 21. Etappe lange Zeit ruhig angehen lassen, das Tempo wurde erst auf den zehn Runden auf den Champs-Elysees angezogen. Immer wieder setzten sich auf dem holprigen Prachtboulevard vereinzelt Fahrer ab, die aufgrund der Nachführarbeit der Sprinterteams aber allesamt rechtzeitig gestellt wurden.

Die Sprinter übernahmen auf den letzten Kilometern die Kontrolle. Als auf der Schlussrunde eine Kunstflugstaffel die französischen Nationalfarben in den wolkenverhangenen Himmel zeichnete, war der Kampf um die Positionen im vollen Gange. Auf der Zielgeraden zog Greipel energisch an seinen Rivalen vorbei und sprintete zum insgesamt zehnten Tour-Etappensieg seiner Karriere.

Tops und Flops der Frankreich-Rundfahrt
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Foto: dpa, sn mr

Zuvor war die Schlussetappe für Froome zur erwarteten Freudenfahrt geworden. Gleich zu Beginn der 109,5 km langen Etappe mit Start in Sevres genehmigte sich der 30-Jährige gemeinsam mit Teamchef David Brailsford das obligatorische Schlückchen Schampus. Zudem posierte er mit den Trikotträgern Peter Sagan (Grün) und Nairo Quintana (Weiß), der Froome in den Alpen in schwere Bedrägnis gebracht hatte, an der Spitze des Pelotons für die Kameras.

Für Froome ging es am Ende nur noch ums Ankommen. Da das Kopfsteinpflaster aufgrund des schlechten Wetters rutschig geworden war, hatte die Rennjury die berühmte Passage allerdings neutralisiert. Dass Froome elf Kilometer vor dem Ziel wegen einer Papiertüte in den Speichen das Rad wechseln musste, sorgte für keinerlei Wirbel.

Dagegen hatte vor den ausgiebigen Feierlichkeiten am Morgen ein dramatischer Zwischenfall am Place de la Concorde für helle Aufregung gesorgt. Die Polizei eröffnete gegen 8.00 Uhr das Feuer auf ein Auto, das die für das Radrennen errichteten Absperrungen durchbrochen hatte. Der Fahrer konnte entkommen, das mit Einschusslöchern versehene Fahrzeug wurde am Mittag im achten Arrondissement gefunden. Das Feuer sei nicht erwidert worden, es habe also kein Schusswechsel stattgefunden, hieß es. Nach Ansicht des französischen Innenministeriums bestand kein direkter Zusammenhang mit der Großen Schleife.

(sid)
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