André Greipels Wandlung Erst Rapper, dann Sprinter-König der Tour

Paris · Andre Greipel dominierte die Sprints bei der Tour de France und sicherte sich den prestigeträchtigen Sieg auf den Champs Elysees. Die deutschen Erfolge lassen die Hoffnung auf eine deutsche Bewerbung für die Tour steigen.

Tour de France: Andre Greipel krönt sich zum Sprinterkönig
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Greipel krönt sich zum Sprinterkönig

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Foto: ap, PDJ TH

Als Überraschung wartete nach André Greipels erstem Sieg auf den Champs Elysees sein alter Jugendtrainer Peter Sager. Das Wiedersehen zwischen Sager und dem Sprinter-König der Tour de France verlief stürmisch. Der 33 Jahre alte Rostocker, wegen seiner Muskelberge "Gorilla" genannt, will seine Serie fortsetzen. Am 23. August bei den Hamburger Cyclassics hätte er nichts gegen einen Premierensieg beim einzigen deutschen WorldTour-Rennen einzuwenden.

Bei der 30. Auflage, die ausnahmsweise in Kiel gestartet wird, dürfte der für die Tour nicht berücksichtigte Marcel Kittel zu seinen Hauptkonkurrenten zählen. Der Erfurter, der den nötigen Speed für Hamburg in der Polen-Rundfahrt praxisnah trainieren will, hatte in den vergangenen Jahren bei der Tour wie diesmal Greipel viermal triumphiert. Die "L'Équipe" lobte "die deutsche Sprinter-Schule", die sich zum dritten Mal nacheinander auf dem Pariser Pracht-Boulevard im Tour-Finale durchgesetzt hatte.

Greipels Teamchef Marc Sergeant schwärmte vom "neuen" André: "Die frühen Erfolge bei der Tour gaben ihm Selbstvertrauen, das er im Vorjahr so nicht hatte. Außerdem hat er sich geöffnet." Das deutete sich schon vor dem Start bei seinem mutigen Debüt als Rapper ("Ready to Fight") an. Greipel hielt Wort und erkämpfte vier Tagessiege.

Dazu sorgten auch Simon Geschke und Tony Martin mit ihren Etappenerfolgen für deutsche ERfoglserlebnisse auf der Tour. Martin fuhr sogar mehrere Tage im Gelben Trikot, bevor ihn ein folgenschwerer Sturz zum Ausstieg zwang.

Die 102. Tour de France hat diesen Steigflug des deutschen Radsports noch einmal beschleunigt. Immer konkreter wird daher auch der Wunsch, die Frankreich-Rundfahrt wieder nach Deutschland zu holen. "Wir nehmen die Gerüchte gerne auf und hoffen, dass etwas daraus wird. Die Tour im eigenen Land wäre ein riesengroßer Traum", sagt Roubaix-Sieger John Degenkolb.

Münster, Düsseldorf und Mannheim werden derzeit als Interessenten gehandelt, alle drei Städte haben bereits Gespräche mit Tour-Veranstalter ASO geführt und stoßen dabei auf offene Ohren. Denkbar ist eine Bewerbung für den Tour-Start 2018. "Deutschland ist der bedeutendste Partner Frankreichs, die Welt des Radsports ohne Deutschland wäre nicht vorstellbar. Ich möchte die Tour wieder in Deutschland sehen", sagte Tour-Boss Christian Prud'homme in der ARD.

Die Rückkehr des Ersten zur Live-Berichterstattung erwies sich zudem als weiterer Anschubfaktor, wenngleich die Einschaltquoten erwartungsgemäß nicht an frühere Glanzzeiten heranreichten. Durchschnittlich 1,17 Millionen Zuschauer (Marktanteil 9,8 Prozent) verfolgten die Übertragungen im Ersten, zum Ende der Tour hin war ein Aufwärtstrend zu erkennen.

"Wir sind mit dem Gesamtverlauf der Tour sehr zufrieden", sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky, und fügte an: "Das Feedback war überwiegend positiv. Die ARD hat zu keinem Zeitpunkt eine bestimmte Quote vorgegeben, aber wir wünschen uns natürlich, dass sich das Interesse 2016 noch steigert."

Prud'homme hatte seine Affinität zu Deutschland in der jüngeren Vergangenheit mehrfach dokumentiert, ob beim Münsterland Giro im Oktober 2014 oder der Präsentation des Teams Bora-Argon 18 Anfang dieses Jahres. 2005 war die Tour zuletzt zu Gast, damals in Karlsruhe und Pforzheim, einen Grand Depart erlebte Deutschland seit 1987 (Berlin) nicht mehr. Die Anwesenheit des radsportbegeisterten Bundes-Justizministers Heiko Maas in Paris gab dem Aufwind nun auch eine politische Note.

Ess gibt jedoch nach wie vor auch Schatten im deutschen Radsport. Veranstalter müssen hart um die Sponsorengunst kämpfen. Sowohl die Hamburg Cyclassics als auch die Bayern-Rundfahrt haben für das kommende Jahr keine Planungssicherheit. "Das macht mir Sorgen", sagt Verbandspräsident Rudolf Scharping. Deshalb stehe auch die Wiederbelebung einer Deutschland-Tour noch nicht auf Agenda. Nach der WM im September solle das Thema aber zumindest einmal andiskutiert werden.

(dpa/sid)
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