Massensturz auf zweiter Etappe Martin zieht sich blutende Wunden zu

Lüttich · Die Enttäuschung bei Tony Martin war groß nach der verpassten Gelb-Chance zum Auftakt der Tour de France. Die zweite Etappe brachte am Sonntag aber gleich den nächsten Rückschlag.

 Für Tony Martin war es ein Wochenende zum Vergessen.

Für Tony Martin war es ein Wochenende zum Vergessen.

Foto: dpa, bt hak

Tony Martin hatte Deutschland und den Grand Départ kaum hinter sich gelassen, da nahm ein enttäuschendes Wochenende ein schmerzhafte Ende: Knapp 30 Kilometer vor dem Ziel war der Zeitfahrweltmeister in einen Massensturz verwickelt und kämpfte sich blutend ins Ziel der zweiten Etappe im belgischen Lüttich. Dabei erlitt er Schürfwunden und Prellungen. Die Tour de France ist bislang eine Tour de Frust für den 32-Jährigen.

Dabei war Martin am Sonntagmorgen, keine 20 Stunden nach der Schlappe im Zeitfahren der ersten Etappe, wieder bester Laune aufs Rad gestiegen. Lächelnd winkte er am Düsseldorfer Rheinufer den jubelnden Fans zu, ehe der äußerst bewegende, doch sportlich ernüchternde erste Tour-Auftakt in Deutschland seit drei Jahrzehnten für ihn endete.

Der Traum vom Gelben Trikot beim Heimspiel war unerfüllt geblieben, die wohl einmalige Chance ausgelassen worden. Die anfängliche Enttäuschung hatte sich am Sonntagmorgen aber zunächst gelegt. "Ich komme mit der Situation klar, der Kopf ist nicht unten", sagte Martin, der das 14 km lange Einzelzeitfahren am Samstag als Vierter beendet hatte.

Dauerregen hatte das Rennen zu einer Lotterie gemacht, der Grund für Martins Rückstand von acht Sekunden auf den siegreichen Briten Geraint Thomas (Sky) war er dennoch nicht. Dem viermaligen Weltmeister, bei der ersten Zeitmessung noch in Führung liegend, gingen auf dem Weg ins Ziel schlichtweg die Kräfte aus. "Mir sind die Beine eingeschlafen. Ich habe am Anfang das eine oder andere Korn zu viel verschossen", sagte der 32-Jährige.

Im Moment der Niederlage zeigte Martin trotz der "unendlichen Enttäuschung" Größe. Minutenlang schrieb der Katjuscha-Profi Autogramme und erfüllte am Teambus jeden Selfie-Wunsch geduldig. "Dass die Fans so zahlreich gekommen sind, verdient Respekt. Es ist doch ganz klar, dass ich mir die Zeit nehme", sagte Martin, der wie alle deutschen Fahrer von der Atmosphäre schwärmte und sich so revanchierte.

Martin will es nun als Ausreißer versuchen

Ohne Gelb auf den Schultern, aber mit neuen Zielen verließ Martin am Sonntag die deutschen Fans. Auf den Sprintetappen will sich der gebürtige Cottbuser für den Norweger Alexander Kristoff einsetzen, auch persönliche Ambitionen möchte er verfolgen. "Ich will Ausreißergruppen besetzen und dort meine Chance suchen", sagte Martin.

Der Sprung in Fluchtgruppen ist für Martin ein erfolgversprechendes und erprobtes Modell: 2014 hatte Martin als Solist einen Etappensieg gefeiert, 2015 siegte er nach einer Attacke aus einer Spitzengruppe heraus und sicherte sich in Cambrai erstmals das Gelbe Trikot.

Gelb ist nach Sonntag aber zunächst kein Thema mehr für Martin — es heißt Wunden lecken, Seele massieren.

(sid)
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