Rad-WM Topfavorit Martin verpasst Medaille

Richmond · Im Zeitfahren der Rad-WM in Richmond belegt der Cottbuser nur den siebten Platz.

Der als Siegesfeier geplante Abend in einem australischen Steakhaus wurde für Tony Martin zur Aufbauhilfe. Am Stadtrand von Richmond fand der Zeitfahr-Spezialist nach einem der schwärzesten Tage seiner Laufbahn im Kreise seiner Liebsten zumindest Trost. "Ich konnte nicht mehr in den roten Bereich gehen, ich war einfach mental komplett neben der Spur", sagte der 30-Jährige über das WM-Desaster.

Dieser unerklärliche siebte Platz wird noch eine Weile nachwirken. In der kommenden Woche beginnt der gebürtige Cottbuser mit Wohnsitz in der Schweiz dann die Ursachenforschung, denn auch mit Blick auf die Olympischen Spiele 2016 in Rio braucht Martin tragfähige Antworten. "Im Vordergrund steht nicht das Ergebnis, sondern die große Frage, was hier passiert ist", sagte Martin, der seit 2009 dreimal Gold, einmal Silber und zweimal Bronze geholt hatte.

Es ist schwer, aus diesem WM-Zeitfahren, dem schwächsten des dreimaligen Weltmeisters seit sieben Jahren, schlau zu werden. Martins Selbstbewusstsein und seine Leistung im Teamzeitfahren standen ja im völligen Gegensatz zum Vorjahr. Dort, bei der WM im spanischen Ponferrada, hatte er schon vor seiner Paradedisziplin gehadert, gezweifelt, wurde aber immerhin Zweiter. Diesmal deutete nichts auf solch eine krachende Pleite hin, außer vielleicht die Ausfallzeit nach dem komplizierten Schlüsselbeinbruch bei der Tour de France im Juli.

Martin hatte geglaubt, dass ihm die Zwangspause womöglich sogar entscheidende Frische bringen würde, nachdem er 2014 auch eine zu intensive Rennbelastung im Vorfeld der WM als Begründung für die Schlappe gegen Bradley Wiggins angeführt hatte. Doch diesmal fehlten ihm stattdessen wohl einige Kilometer. "Ich habe komplett den Fokus, den Rhythmus verloren und dann auch die Moral. Das waren eher keine physischen Probleme", sagte Martin, und schüttelte immer wieder entgeistert den Kopf.

Am Einsatz hatte es definitiv nicht gelegen. Martin, der für den besseren Halt seit Jahren schon Sandpapier in den Sattel einarbeitet, fuhr sich seinen Hintern im Wortsinne wund, wie ein Foto belegte.

(SID)
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