John Degenkolb Erster deutscher Roubaix-Sieg seit 1896

Roubaix · Nach seinem Erfolg bei Mailand - Sanremo gewinnt John Degenkolb auch den Kopfsteinpflaster-Klassiker.

John Degenkolb sprintet zum Sieg bei Mailand-Sanremo
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Degenkolb sprintet zum Sieg bei Mailand-Sanremo 2015

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Foto: dpa, mau ss

Nach seinem Sprint ins Glück riss John Degenkolb die Arme in die Höhe und schüttelte auf der ehrwürdigen Betonpiste von Roubaix immer wieder den Kopf. In der "Hölle des Nordens" raste der Thüringer zum ersten deutschen Sieg seit 119 Jahren und erfüllte sich selbst einen Kindheitstraum. Degenkolb (26) siegte bei der Kopfsteinpflaster-Tortur des Frühjahrsklassikers Paris-Roubaix nach 253,5 Kilometern, davon 57,5 über die gefürchteten Pavés, vor dem Tschechen Zdenek Stybar und dem Belgier Greg van Avermaet.

"Ich bin so glücklich und stolz", sagte Degenkolb mit Dreck verschmiertem Gesicht, nachdem er seiner Frau Laura samt Söhnchen Leo-Robert im Zielbereich im Velodrom von Roubaix in die Arme gefallen war. "Sanremo war schon sehr emotional, aber das übertrifft alles. Das ist das Rennen, von dem ich immer geträumt habe, es einmal zu gewinnen. Es ist unglaublich."

Für den Kapitän im Giant-Alpecin-Team war es der zweite Klassiker-Sieg in diesem Jahr, nachdem er drei Wochen zuvor bei Mailand-Sanremo triumphiert hatte. Für den bislang einzigen deutschen Sieg in Roubiax hatte zuvor der Münchner Josef Fischer bei der ersten Auflage des Rennens im Jahr 1896 gesorgt. Kein Happy End gab es dagegen für den früheren Tour-de-France-Sieger und Olympiasieger Bradley Wiggins, der im letzten Straßenrennen seiner Karriere chancenlos war und Rang 18 belegte. Der Brite wechselt zurück in den Bahnradsport und will nächstes Jahr in Rio antreten.

"Unser Team fährt clever und sieht stark aus. Wie großartig wäre noch ein Sieg für Johnny?", twitterte Top-Sprinter Marcel Kittel eingangs der Schlussphase, der die "Königin der Klassiker" wegen seines Trainingsrückstandes nur von der Couch aus verfolgen konnte. Und sein Teamkollege bei Giant-Alpecin machte aus dem Wunsch kurz darauf Realität.

Der Hauptdarsteller bei der 113. Auflage war Degenkolb. Nachdem die Belgier Yves Lampaert und van Avermaet zwölf Kilometer vor dem Ziel attackiert hatten, begab sich der Wahl-Frankfurter allein auf die Verfolgung und schloss sechs Kilometer vor dem Ziel auf. "Keiner wollte mit mir zusammenarbeiten, also bin ich selbst gefahren. Ich hatte keine Angst davor, dass es schiefgehen könnte", erklärte Degenkolb die vorentscheidende Rennszene 8,5 Kilometer vor dem Ziel. Vier weitere Fahrer kamen hinzu, so dass eine siebenköpfige Spitzengruppe das Rennen unter sich ausmachte. Degenkolb hatte das größte Stehvermögen. Schon im Vorjahr hatte er den Sprint gewonnen, damals ging es aber nur um den zweiten Platz hinter Solosieger Niki Terpstra.

Für Diskussionen sorgte ein heikler Zwischenfall an einem Bahnübergang, den eine Reihe von Fahrern trotz geschlossener Schranke gerade noch vor einem mit hoher Geschwindigkeit heranbrausenden TGV überquerte. Die Regularien schreiben für diesen Fall eigentlich einen Ausschluss vor, die Rennjury sprach jedoch zunächst noch keine Sanktionen aus.

(RP)
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