Tischtennis-Spieler Gionis Zahnarzt an der Platte

Bremen · Der griechische Tischtennisprofi Panagiotis Gionis ist ein ausgebildeter Zahnarzt. Der 35-Jährige steht beim deutschen Rekordmeister Borussia Düsseldorf unter Vertrag.

 Panagiotis Gionis, hier mit Dimitrij Ovtcharov, kann einen ungewöhnlichen Werdegang vorweisen.

Panagiotis Gionis, hier mit Dimitrij Ovtcharov, kann einen ungewöhnlichen Werdegang vorweisen.

Foto: dpa, Hans Punz

Über Panagiotis Gionis werden gerne Dinge wie diese geschrieben: "Er hat seinem Gegner den Zahn gezogen." Oder: "Diese Behandlung hat seinem Kontrahenten Schmerzen bereitet." Das Lesen solcher Formulierungen tut mindestens genauso weh. Gionis sagt, zum Glück sei er nicht Bestatter geworden. Wer weiß, was dann über ihn geschrieben würde.

Man mag es sich lieber nicht ausmalen. Seine Geschichte ist auch viel besser. Es ist die eines ausgebildeten Zahnarztes, der als einer der besten Tischtennisspieler der Welt für Borussia Düsseldorf an der Platte steht — oder, wie man es in dieser Sportart korrekt ausdrückt: am Tisch. Gestern war der Grieche bei den German Open in Bremen im Einsatz und scheiterte in der Runde der letzten 32 mit 2:4 Sätzen am Bremer Bundesligaspieler Bastian Steger.

Gionis ist 35 Jahre alt. Seine Karriere als Berufssportler hat schleppend begonnen, was auch daran gelegen haben dürfte, dass er nebenbei Zahnmedizin studierte. Er hatte mal ein Engagement bei Süd-Zweitligist WTTF Rammstein. Nach seinem Studienabschluss 2003 wechselte er in die französische Liga, wo er zum Spitzenspieler reifte. Das ist umso erstaunlicher, als er sich nie ganz auf eine Sache konzentriert hat. Nebenher praktizierte er regelmäßig in der Praxis seiner Tante in Athen. Derzeit ist Gionis die Nummer 21 der Weltrangliste.

Als ihm Borussia Düsseldorf ein Angebot unterbreitete, wollte er erst gar nicht die Verhandlungen aufnehmen. "Borussia ist der beste Verein in Europa", erzählt er. "Und in diesem System gibt es feste Regeln. Dazu zählt, dass man in Düsseldorf leben und trainieren soll. Ich habe aber gleich gesagt, wenn das die Grundbedingung ist, brauchen wir nicht weiterreden." Nach Deutschland, das hat er sofort unmissverständlich zu Protokoll gegeben, würde er nie komplett ziehen. Was nichts mit Deutschland, sondern vor allem mit seiner Heimat zu tun hat. Familienmensch Gionis pendelt lieber. Der Verein sah das entspannt. Und so ist er die Hälfte des Monats im Tischtennis-Leistungszentrum, den Rest in Athen.

In Düsseldorf zählt Timo Boll, einer der wenigen Superstars der Branche, zu seinen Mannschaftskollegen. "Ich wusste natürlich schon vor meinem Wechsel, wer er ist", erzählt Gionis. "Er ist einer der besten Spieler der Welt. Vor allem ist er aber eine große Persönlichkeit, ein netter Typ." An die Popularitätswerte von Boll kommt der 35-Jährige nicht heran. "Es war nie mein Ziel, besonders populär zu werden. Ich wollte nur ein wenig Tischtennis spielen", sagt er.

Würde er sich denn noch zutrauen, einen Mannschaftskollegen mit Zahnschmerzen zu behandeln? "Wenn ich danach den Verein sofort wechsle, ja. Ansonsten bin ich ein wenig aus der Übung", erzählt er. "Wenn ich irgendwann meine Laufbahn beende, werde ich aber wieder in die Praxis zurückkehren und als Zahnarzt arbeiten."

(RP)
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