Olympische Winterspiele Biathlet Schempp fehlen 14 Zentimeter zu Gold

Pyeongchang · 14 Zentimeter trennten Simon Schempp vom Olympiasieg im Massenstart. Nach einem spektakulären Zielsprint jubelte der Deutschen aber auch über die Silbermedaille.

Olympia 2018: Simon Schempp verliert im Foto-Finish
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Simon Schempp verliert im Foto-Finish

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Foto: dpa, hpl jbu

Simon Schempp lag nach dem Zielsprint seines Lebens neben Martin Fourcade, seine Augen fixierten hoffnungsvoll die Anzeigetafel. Sekunden wurden zur Ewigkeit - Gold oder Silber, Silber oder Gold? Dann die Gewissheit: Nach hochdramatischen 15 Kilometern fehlten nur 14 Zentimeter zum Olympiasieg, seine Schuhgröße 43 war diesmal nicht genug. "Ach shit", ärgerte sich der "Silberpfeil" der deutschen Biathleten, "das waren leider zwei Nummern zu klein."

Nach einem fantastischen, mitreißenden und bis zum Schluss völlig offenen Massenstart jubelte Schempp zwar über seine erste Einzelmedaille bei Winterspielen. Die hätte aber auch golden glänzen können, "wenn die Ziellinie", wie es Schempp später beschrieb, "nur fünf Meter später gekommen wäre." Oder er Schuhe mit der Größe 64 getragen hätte.

Olympia 2018: Biathleten tragen Simon Schempp auf Schultern
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Biathleten tragen Schempp auf Schultern

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Foto: dpa, hpl jbu

So aber stieg Fourcade, der Dominator der Szene, mit seinem vierten Gold zum erfolgreichsten Olympioniken Frankreichs auf - womit er im Zielbereich freilich nicht gerechnet hatte. "Ich war mir ganz sicher, dass Simon vorne liegt", sagte der 29-Jährige, der nach dem packenden Finale deshalb wutentbrannt seinen Stock in den Schnee hämmerte: "Simon ist ein grandioser Sprinter, einer meiner stärksten Gegner."

Das bewies der Deutsche in Pyeongchang am Sonntagabend eine gute halbe Stunde lang. Nach drei tadellosen Schießeinlagen und nur einem Fehler beim letzten Anschlag verließ er zeitgleich mit Fourcade das Stadion. Die taktische Spielchen begannen, Schempp setzte alles auf die entscheidende Schlussattacke.

"Ich habe mich für meine Bahn sehr spät entschieden, damit er sich nicht vor mich setzen konnte", sagte Schempp über seine Strategie, die Fourcade allerdings erahnte. Gestählt von unzähligen Nervenkriegen zog er erst nach rechts, dann nach links, "alles im Bereich des Erlaubten", versicherte Schempp später.

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Und dennoch rauschte der Massenstart-Weltmeister heran, mit jedem Stockschub verringerte er den Abstand zum Favoriten. "Ich habe dann einfach noch versucht, mit der letzten Kraft mein Bein vorbeizuschieben", sagte Schempp: "Es war verdammt eng."

So eng, dass Erinnerungen an epische Duelle geweckt wurden. Beim Weltcup in Oberhof hatte Schempp 2017 ebenfalls im Massenstart Fourcade überflügelt, er wusste also, wie es geht. Der Franzose wiederum hatte bei den Winterspielen 2014 seine Erfahrungen gesammelt, als er sich - im Massenstart - dem Norweger Emil Hegle Svendsen denkbar knapp geschlagen geben musste.

Dass Svendsen selbst am Sonntag mit einem furiosen Schlussspurt die Deutschen Erik Lesser und Benedikt Doll vom Bronzerang schubste, passte ins Bild. "Es geht in einem solchen Sprint darum, total bei sich zu bleiben und alles zu mobilisieren", verriet Svendsen.

Dies tat Schempp, allein deshalb war die Silbermedaille der verdiente Lohn. Nach einer Saison mit einigen Rückschlägen und anhaltender Rückenprobleme kurz vor Olympia war der zweite Rang deshalb die Genugtuung für alle Schindereien. "Hätte mir das vor ein paar Wochen jemand gesagt", meinte Schempp, "dann hätte ich sofort eingeschlagen."

(sid)
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