Snowboarderin düpiert Ski-Stars Ester Ledecka - wäre so etwas auch in anderen Sportarten möglich?

Düsseldorf/Pyeongchang · Snowboarderin Ester Ledecka gewinnt auf Skiern Gold im Super-G. Eine Sensation in Sachen Vielseitigkeit. Wir haben einen Fechter, einen Ruderer und eine Dreispringerin gefragt, wie schnell sie auf höchstem Niveau umsatteln könnten.

Ester Ledecka: Ski-Olympiasiegerin und Snowboard-Weltmeisterin
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Das ist Ester Ledecka

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Foto: afp

Es ist die bisher größte Sensation der Winterspiele: Die tschechische Snowboarderin Ester Ledecka gewinnt auf Skiern die Goldmedaille im Super-G. Favorisierten Spezialistinnen wie US-Superstar Lindsey Vonn (Rang sechs), der Schweizerin Lara Gut (Vierte) oder auch Viktoria Rebensburg (Platz zehn) bleibt nur das Nachsehen - und ein ungläubiges Staunen.

Nach dem Wettkampf gibt es nur eine Thema: Wie kann so etwas sein? Ledecka selbst hat auch keine wirkliche Antwort parat. "Naja, beides geht den Berg runter, das ist die Basis, denke ich", sagt die 22-Jährige mit einem Lächeln. "Ich denke nicht, dass ich so viel Talent habe. Ich fahre den Berg runter und habe Spaß dabei, seitdem ich ein kleines Kind bin."

Nun lässt sich natürlich nicht die Geschichte einer Snowboarderin erzählen, die nur hobbymäßig Ski fährt und nun die alpine Weltspitze düpiert. Ledecka fährt schon immer mal wieder auf zwei Brettern mit - und das auf höchstem Niveau. Ihre besten Weltcup-Platzierungen sind bislang ein siebter Platz in der Abfahrt und ein 19. Rang im Super-G. "Wenn wir so ein enges Rennen haben, kannst du mit einem Fehler auf Platz 20 landen - oder mit einer guten Fahrt ganz vorne", sagt Ledeckas Trainer Tomas Bank.

Auch er wird erwartungsgemäß nach dem Grund für den Coup seines Schützlings gefragt. Seine Antwort: "Sie ist Profisportlerin. Und wenn du Snowboarden trainierst, muss das kein Nachteil fürs Skifahren sein. Ich glaube, dass sich das gut ergänzt, dass du in der einen Sportart jeweils von der anderen profitierst. Das Skifahren hat Esters Geschwindigkeitsbarriere verschoben. Snowboarden fühlt sich für sie manchmal wie in Zeitlupe an. Und auf der anderen Seite hat sie sehr viel Gefühl vom Snowboarden, weil es auf einem Alpinsnowboard viel härter ist, einen sauberen Schwung zu fahren. Das hilft ihr wiederum beim Skifahren." Bank bestätigt später, dass Ledecka bei ihrer Siegesfahrt ein Paar alte Ski der zweifachen Olympiasiegerin Mikaela Shiffrin (USA) benutzt hat.

Perfekt wäre die Sensation freilich erst, wenn Ledecka am Samstag auch noch den Olympiasieg holt, der eigentlich für sie reserviert scheint: der im Parallel-Riesenslalom der Snowboarder. Da ist sie schließlich Weltmeisterin und Favoritin. Aber wer weiß: Vielleicht ist sie auch auf den Geschmack gekommen und fährt zuvor, am Mittwoch, auch noch die Abfahrt auf Skiern. "Da muss ich meinen Ski-Coach fragen. Er wird sicher darauf drängen. Aber ich denke, ich werde jetzt zum Snowboarden wechseln."

Bis dahin darf die Sportwelt über der Frage grübeln, ob es auch in anderen Sportarten möglich ist, binnen kurzer Zeit in einer anderen als seiner Spezialdisziplin Weltklasse-Niveau zu erreichen. Wie lange bräuchte zum Beispiel ein international renommierter Säbelfechter, um mit dem Florett im Weltcup konkurrenzfähig zu sein. "Ich könnte Florett oder Degen lernen, aber es würde lange dauern", sagt Max Hartung. Der Dormagener war schon WM-Dritter und Europameister mit dem Säbel.

Der 28-Jährige verweist aber auf das Beispiel der Italienerin Arianna Errigo (29). Die Olympiasiegerin mit dem Florett startet im Weltcup auch mit dem Säbel. Sie sagt: "Ich will in die Geschichte des Fechtens eingehen und bei den Spielen in Tokio 2020 mit Florett und mit dem Säbel an den Start gehen."

Ruderer Richard Schmidt sitzt seit Jahren im Deutschland-Achter, gehört also zum Besten, was seine Sportart zu bieten hat. Könnte er ohne große Probleme in den Canadier wechseln und auch dort Medaillen gewinnen? "Ich bin überzeugt, dass es kein Ruderer schafft, im Canadier nach vier Jahren Training Olympiasieger zu werden. Es ist für Ruderer schon echt schwer, vom Riemen auf Skullen oder andersrum zu wechseln und erfolgreich zu sein. Das schaffen nur ganz wenige", sagt der 30-Jährige.

Neele Eckhardt ist seit dem Wochenende deutsche Hallenmeisterin im Dreisprung. An die Göttingerin (25) geht die Frage: Wo würde sie im Weitsprung landen? "Ich weiß nicht, ob ich nach ein paar Technikeinheiten ganz vorne dabei wäre, aber zweite, dritte Reihe, das glaube ich schon." Was ihre Überzeugung stützt: Die Bestenliste bei den deutschen Weitspringern führt aktuell in Max Heß (8,00 Meter) ein Dreispringer an.

Und Ledecka? Die ist auch eine gute Surferin. Plant sie also einen Start im Windsurfen bei den Sommerspielen in zwei Jahren? "Warum nicht?", sagt sie. Und lächelt. Die anderen Surfer dürfen also zittern.

(klü)
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