Eishockey-Helden nach Drama stolz "Wir waren drei Minuten Olympiasieger"

Pyeongchang · Bis kurz vor Schluss führten die deutschen Eishockey-Helden im Olympia-Finale. Nach der ersten Enttäuschung über die Niederlage in der Verlängerung gegen Rekordweltmeister Russland überwiegt der Stolz auf eine historische Leistung.

So kommentieren die Eishockey-Spieler des Finale
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Foto: rtr, AH

Als die Russen ihnen brutal das Gold vom Silbertablett rissen, brach für die Eishockey-Helden von Pyeongchang eine Welt zusammen. "Wir waren drei Minuten Olympiasieger", sagte Verteidiger Moritz Müller in der ersten Enttäuschung. Bis 55,5 Sekunden vor Schluss hatte die grandios aufspielende deutsche Nationalmannschaft im Final-Thriller gegen den Rekordweltmeister mit 3:2 geführt, die größte Sensation in der Eishockey-Geschichte lag in der Luft.

Eine Dreiviertelstunde später, mit Silber um den Hals, siegte trotz des dramatischen 3:4 (0:1, 1:0, 2:2, 0:1) nach Verlängerung der Stolz über den Schock. "Auf dem Bild, auf das wir unser Leben lang schauen werden, wollte ich nicht mit irgendeiner Grimasse stehen, sondern mit einem Lachen im Gesicht", sagte Torjäger Patrick Reimer nach der Siegerehrung für eine historische Leistung. "Meine Spieler und ich werden diese Tage niemals vergessen", ergänzte Bundestrainer Marco Sturm: "Solch ein Spiel gibt es nur einmal im Leben."

Nach dem Tor von Jonas Müller (57.) waren Gold und das Wunder von Pyeongchang zum Greifen nahe. Doch Nikita Gusew (60.) erzwang die Verlängerung, in der Kirill Kaprisow nach 9:40 Minuten die deutschen Himmelsstürmer von Wolke sieben holte - Reimer saß auf der Strafbank. Es war ein Drama, manchen Spieler erinnerte es an die Traumfabrik Hollywood. "Vielleicht möchte das ja irgendjemand dort verfilmen", sagte der erneut überragende Torhüter Danny aus den Birken: "Dann hoffe ich nur, dass mich Brad Pitt spielt."

Filmreif war der sensationelle Sturmlauf des krassen Außenseiters bis ins Endspiel auf alle Fälle. "Wir hätten nie damit gerechnet, hier das Finale zu erreichen", sagte Sturm: "Normalerweise sitzen wir zu Hause und gucken das vor dem Fernseher. Aber wir sind hier!"

Nach dem 4:3 gegen Weltmeister Schweden und dem 4:3 gegen Rekord-Olympiasieger Kanada hatte seine Mannschaft bereits vor dem Finale die Legenden der Vergangenheit, die 1932 und 1976 jeweils Bronze gewonnen hatten, übertroffen. Im Endspiel geriet sie eine halbe Sekunde vor der ersten Drittelsirene durch Slawa Wojnow (20.) und im Schlussabschnitt durch Gusew (54.) zweimal in Rückstand, zweimal meldete sie sich mit dem Ausgleich zurück: durch Felix Schütz im Mittelabschnitt (30.) und durch Dominik Kahun nur zehn Sekunden nach dem 1:2 (54.).

Olympia 2018: Deutsche Eishockey-Spieler brauchen nach Final-Niederlage Trost
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Deutsche Spieler brauchen nach Final-Niederlage Trost

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Große Party trotz Niederlage

"Am Ende überwiegt der Stolz", sagte Christian Ehrhoff, der vier Stunden später die deutschen Athleten als Fahnenträger zur Schlussfeier ins Olympiastadion führte. Danach zogen sie weiter ins Deutsche Haus, um den letzten Rest der Enttäuschung wegzuspülen. "Da lassen wir noch mal richtig die Sau raus", kündigte Reimer eine Party ohne Rücksicht auf Verluste an: "Wir reisen ab, deswegen interessiert es uns nicht mehr."

Direkt vom Zapfhahn geht es am Montagmorgen zum Flughafen und zurück in die Heimat, in der die Nationalspieler mit ihren historischen Siegen eine Eishockey-Begeisterung auslösten, die zum Boom werden soll. "Sie haben ein ganzes Land elektrisiert - vom Jüngsten bis zum Ältesten", sagte DEB-Präsident Franz Reindl.

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Mehr als fünf Millionen hatten schon beim Halbfinale vor dem Fernseher gesessen, zum Endspiel schalteten mehrere Millionen sogar morgens um fünf ein. "Wir sind alle Fußballfans", sagte Moritz Müller, "aber doch der Meinung, dass Platz für mehr als eine Sportart in Deutschland ist. Ich hoffe, dass es Signalwirkung hat und die Eltern ihre Kinder zum Eishockey schicken."

(sid)
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