"Plan B" vor Gerichts-Entscheid Pechstein hofft auf "Gerechtigkeit" und "Schmerzensgeld"

München · Claudia Pechstein gibt sich vor dem wichtigen Termin des Landgerichts München I noch recht entspannt. "Nach wie vor bin ich sicher, dass mir irgendwann Gerechtigkeit widerfährt. Ich hoffe darauf, dass am Mittwoch der erste Schritt in diese Richtung erfolgt", sagte die Olympia-Vierte von Sotschi über 3000 Meter am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa.

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Foto: dpa/Michael Kappeler

Das Landgericht wird am Mittwoch darüber befinden, ob es in der Schadenersatzklage der Berlinerin zuständig ist. Pechstein verklagt den Eislauf-Weltverband ISU und die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft DESG wegen der aus ihrer Sicht zu Unrecht verhängten Zweijahressperre aufgrund erhöhter Blutwerte auf 3,5 Millionen Euro Schadenersatz und ein "angemessenes Schmerzensgeld".

Sollte das Landgericht seine Zuständigkeit erklären, könnte dies für ein Beben in der Sportgerichtsbarkeit sorgen. Doch auch für die ablehnende Haltung des Gerichts haben Pechsteins Anwälte einen "Plan B" in der Tasche und kündigten den Gang vor das Oberlandesgericht an.

Alle Einsprüche gegen Sperre abgelehnt

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Foto: dpa, fux

Pechstein, die vier Tage nach ihrem 42. Geburtstag nicht selbst nach München reist, hatte mit der ersten Sperre ohne positiven Dopingbefund 2009 unfreiwillig Sport-Geschichte geschrieben. Der Internationale Sportgerichtshof CAS und das Schweizer Bundesgericht hatten alle Einsprüche gegen die Sperre abgelehnt.

Pechstein, die Doping immer bestritt, macht eine von Experten diagnostizierte, vom Vater geerbte Blutanomalie für ihre Werte verantwortlich. Die ISU erkennt dies nicht als Beweis ihrer Unschuld an. Pechstein verspricht sich von der Klage neben einer Verbesserung ihres ramponierten Rufes vor allem eine angemessene Entschädigung für ihre Verluste durch Werbeausfälle, medizinische Gutachten und Gerichtskosten.

Ihr Anwalt Thomas Summerer, der vor knapp 18 Jahren Sprinterin Katrin Krabbe zu 1,3 Millionen Mark Entschädigung vom Leichtathletik-Weltverband IAAF verhalf, ist sich der Tragweite des Prozesses bewusst. "Es ist sicher der größte Fall, der in Deutschland verhandelt wird. Ich erwarte ein Grundsatzurteil, wie künftig mit Schadenersatz-Ansprüchen von Sportlern umzugehen ist", sagte der Münchner Rechtsanwalt am Dienstag der dpa.

Summerer geht es dabei vor allem um die Einheitlichkeit im Handeln der Verbände. "Nicht alle Verbände verbieten so einseitig wie die ISU ihren Sportlern den Gang vor ein Zivilgericht", stellte er fest.

"Randauswüchse des Systems"

Das hat auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) erkannt. Man sollte "darüber sprechen, ob und wie es möglich sein wird, erleichtert Schadenersatzansprüche durchzusetzen, um eventuell Randauswüchse des Systems auf diese Weise zu korrigieren", teilte DOSB-Generaldirektor Michael Vesper in einem Schreiben an Sven Hüber, den Vorsitzenden der Polizeigewerkschaft, Bezirk Bundespolizei, mit. "Der DOSB wird hierzu Überlegungen anstellen", fügte Vesper hinzu.

Eine Entscheidung pro Pechstein könnte damit nicht nur ISU und DESG in den Ruin treiben, sondern auch die Sportgerichtsbarkeit ins Wanken bringen. "Wir haben den CAS als Institution angegriffen, weil er hinter der deutschen Rechtsstaatlichkeit zurückbleibt", hatte Summerer schon vor dem ersten Gerichtstermin am 25. September 2013 angekündigt, bei dem Richterin Petra Wittmann beiden Seiten einen Vergleich empfohlen hatte. Summerer steht im Münchner Prozess in Dirk-Reiner Martens derselbe Anwalt wie im Krabbe-Prozess gegenüber. Martens vertritt nun die Interessen der ISU.

Der ursprünglich für den 29. Januar angesetzte Verkündungstermin war wegen der Erkrankung der Richterin auf Mittwoch verschoben worden und hatte die Vorbereitungen Pechsteins und des Olympia-Teams auf Sotschi nicht tangiert. "Es ist kompliziert. Bereits die Frage der Zulässigkeit des Gerichts wirft viele Rechtsfragen auf", hatte Richterin Wittmann im September erklärt. Pechstein hatte sich zu einem Vergleich bereiterklärt, die ISU dies kategorisch ausgeschlossen.

(dpa)
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