Russischer Dopingskandal Streit zwischen IOC und WADA geht in die nächste Runde

Rio de Janeiro · Wegen des Doping-Skandals in Russland haben sich das Internationale Olympische Komitee und die Welt-Anti-Doping-Agentur in die Haare bekommen. IOC-Chef Bach wirft der WADA vor, Informationen zu spät verfolgt zu haben. Die WADA weist den Vorwurf verärgert zurück.

Das ist Thomas Bach
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Zwischen dem Internationalen Olympischen Komitee und der Welt-Anti-Doping-Agentur ist offener Streit um die Verantwortung wegen des Chaos im russischen Doping-Skandal entbrannt. Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA wies am Montag die Vorwürfe von IOC-Präsident Thomas Bach zurückgewiesen, in der Russland-Causa zu spät die Initiative ergriffen zu haben und zu spät Informationen zum damals mutmaßlichen Sportbetrug nachgegangen zu sein.

"Die WADA versteht, dass der Zeitpunkt der Veröffentlichung des McLaren-Reports zu Russland eine Reihe von Organisationen in der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele und Paralympics beeinträchtigt hat", hieß es in einer Erklärung am Montag. Die WADA habe aber "unverzüglich gehandelt, als sich nach den Anschuldigungen betreffend Russland die Beweise erhärteten".

Der deutsche Präsident des Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte am Sonntag die WADA beschuldigt, wesentlich dazu beigetragen habe, dass kurz vor Beginn der Sommerspiele noch Unklarheit herrsche, welche russischen Athleten starten könnten. Es hätte schon viel früher Hinweise auf Dopingvergehen gegeben, sagte Bach.

Richard McLaren hatte seinen Bericht, in dem er staatliches Doping in Russland anprangerte und die Empfehlung aussprach, das Land komplett von den Rio-Spielen auszuschließen, am 18. Juli veröffentlicht. Das IOC hatte am 24. Juli entschieden, keinen kompletten Bann zu verhängen und stattdessen jeden einzelnen Sportler zu überprüfen.

"Das WADA-Exekutivkomitee - das sich zu gleichen Teilen aus Vertretern der Olympischen Bewegung und der Regierungen zusammensetzt - hat Professor McLarens unabhängiges Mandat unterstützt, Beweise für die Anschuldigungen im Interesse der sauberen Athleten zu finden", sagte WADA-Präsident Craig Reedie, der zugleich IOC-Vizepräsident ist. Wegen der Brisanz der ermittelten Fakten habe der Report "ohne Verzögerung" veröffentlicht werden müssen, obwohl dadurch Unruhe vor den Rio-Spielen erzeugt worden sei.

Die WADA hatte nach der ARD-Sendung "Geheimsache Doping" im Dezember 2014 zum systematischem Doping in Russland eine unabhängige Kommission unter Vorsitz von Richard Pound eingesetzt, die vor allem den Doping-Betrug in der russischen Leichtathletik untersuchte und ihn im November 2015 in ihrem Bericht nachweisen konnte. Auf dieser Grundlage wurden Russlands Leichtathleten komplett von den Rio-Spielen ausgeschlossen.

Die Pound-Kommission fand auch Anhaltspunkte für Doping-Vergehen in anderen Sportarten des Landes sowie in den Kontrolllaboratorien bei den Winterspielen 2014 in Sotschi und in Moskau, konnte dafür aber zunächst ebenso wenig Beweise finden, wie zum Vorwurf, dass das der russische Staat das Dopingsystem gelenkt hat, hieß es in der WADA-Mitteilung.

Erst Interviews des früheren Leiters des Moskauer Labors Gregori Rodschenko im Mai in amerikanischen Medien hätten konkrete Beweise dafür geliefert. Daraufhin habe die WADA McLaren mit entsprechenden Nachforschungen beauftragt, "und zwar unverzüglich", betonte Reedie und stellte zudem klar: "Gregori Rodschenko wurde mehrmals von der Pound-Kommission im Jahr 2015 befragt worden, hat aber dabei niemals die Informationen gegeben, die er im Mai 2016 in der New York Times offenbart hat."

(dpa)
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