Paralympics in Rio Silber! Judoka Carmen Brussig holt erste deutsche Medaille

Rio de Janeiro · Carmen Brussig hat ihren Gold-Coup von London nicht wiederholen können. Die sehbehinderte Athletin aus Schwerin unterlag im Finale in der Klasse bis 48 kg der Chinesin Li Liqing klar nach Punkten (0:102) und holte Silber. Es war die erste Medaille für den Deutschen Behindertensportverband (DBS) bei den Paralympics in Rio de Janeiro.

 Im Finale unterlag Carmen Brussig der Chinesin Li Liqing.

Im Finale unterlag Carmen Brussig der Chinesin Li Liqing.

Foto: dpa, jbu jhe

Zwillingsschwester Ramona kann wie 2012 in London sogar noch Paralympics-Siegerin werden. In der Klasse bis 52 kg steht sie im Finale gegen die Französin Sandrine Martinet. Die Brussig-Schwestern hatten in London innerhalb von 20 Minuten Gold in ihren Gewichtsklassen gewonnen.

Beide können auf einem Auge mit einer Sehkraft von etwa zehn Prozent nur geradeaus sehen. Auf dem schwächeren Auge erkennen sie nur Schatten.

Zu lange im Windschatten

Begonnen hatte der erste Wettkampftag für den DBS aber mit einer doppelten Enttäuschung. Das Sportschützen-Trio der Frauen um die 2004er-Siegerin Manuela Schmermund scheiterte komplett in der Qualifikation. Radfahrerin Denise Schindler, die mit ihrer Zeit um Bronze in der 3000-m-Einzelverfolgung gefahren wäre, wurde disqualifiziert.

"Ich habe so eine Wut", sagte die 30-Jährige völlig aufgelöst: "Das ist so hart, so bitter. Da arbeitet man vier Jahre darauf hin - und dann so was. Ich wusste, dass ich ins Finale fahren kann."

Die Münchnerin war zu lange im Windschatten ihrer Konkurrentin Megan Giglia aus England gefahren. Der Deutsche Behindertensportverband (DBS) verzichtete auf einen Einspruch. Giglia fuhr in der Qualifikation in 4:03,544 Minuten Weltrekord.

Frust bei den Schützinnen groß

Auch bei den Schützinnen war der Frust nach der zerschlagenen Hoffnung auf einen goldenen Auftakt groß. "Das war einfach scheiße", sagte Schmermund: "Jetzt bin ich erst mal zehn Minuten stinksauer, und dann geht es weiter."

Mit drei Eisen im Feuer war der DBS in den ersten Wettkampf überhaupt der Spiele gegangen. Schmermund, die erstmals mit der Aufschrift "Beast" auf ihrer Jacke startete, hatte in jener Disziplin mit dem Luftgewehr stehend 2004 in Athen Gold und 2008 und 2012 jeweils Silber gewonnen. Doch am Ende scheiterten Schmermund (Mengshausen) als 16., Elke Seeliger (Etzhorn) als Elfte und Natascha Hiltrop (Lengers) als Zwölfte allesamt am Einzug ins Finale der besten Acht. Danach verpassten auch Nobert Gau (München) als Zwölfter und Josef Neumaier (Burghausen) als 13. das Finale der Männer.

Die Hoffnung, dass die Schützen wie bei Olympia mit dort drei Goldmedaillen gleich einen Ruck durchs Team gehen lassen, hatte sich erst mal zerschlagen. Doch diesen Druck wollten sie auch nicht auf sich nehmen. "Das haben wir schon die letzten drei Spiele getan", sagte Schmermund. Und Bundestrainer Rudi Krenn ergänzte: "Die Olympia-Schützen haben zwölf Jahre auf eine Medaille gewartet. In der Zeit haben wir bei den Paralympics immer fleißig welche geholt. Außerdem haben wir noch viele Eisen im Feuer."

Doch zum Auftakt lief einfach zu viel schief. "Es war heute einfach eine Qual. Ich bin nicht in den Rhythmus gekommen, nichts hat funktioniert", sagte die Hessin Schmermund, die auf Twitter einen eigenen Fanclub hat: "Ich war angespannt, weil ich in der Vorbereitung anderthalb Jahre keinen Wettkampf hatte. Dann hat die Schulter wieder geschmerzt, ich wurde nervös, die Zeit raste. Ich habs mit Atemübungen versucht, die Technik umgestellt, aber nichts ging."

Die Aufschrift Beast habe die Gesamtathletensprecherin des DBS gewählt, "weil ich eine ganz schöne Zicke sein kann. Aber ich rede lieber Klartext als in Diplomatie unterzugehen."

So gut wie im Viertelfinale stehen bereits die Goalballer, die bei ihrem Paralympics-Comeback nach zwölf Jahren 10:0 gegen Algerien gewannen.

(sid)
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