Paralympics-Star Zanardi bedankt sich nach Gold beim "Big Boss"

Rio de Janeiro · Nach dem Goldgeschenk zum "zweiten Geburtstag" war Alex Zanardi völlig aufgedreht. Es sprudelte aus ihm heraus, am liebsten hätte er die ganze Welt umarmt. Und in seiner Euphorie dankte er sogar einem, mit dem er sonst nie Kontakt hat: Dem "Big Boss" - dem Lieben Gott.

Paralympics: Alessandro Zanardi bei Siegerehrung von Gefühlen übermannt
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Zanardi bei Siegerehrung von Gefühlen übermannt

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Foto: ap

"Jetzt kann ich meinen zweiten Geburtstag fröhlich feiern", sagte der frühere Formel-1-Pilot, nachdem er einen Tag vor dem 15. Jahrestag seines schweren Unfalls auf dem Lausitzring sein drittes Handbike-Gold bei Paralympics gewonnen hatte: "Und ich hoffe, dass ich mir als Geburtstagsgeschenk noch ein zweites Gold hole." Am Donnerstag geht Zanardi noch im Straßenrennen an den Start, bei seiner Paralympics-Premiere 2012 hatte er beide Titel geholt.

Ja, das Datum jenes schlimmen Unfalls, als er am 15. September 2001 in einem Rennen der Champ-Car-Serie auf dem Lausitzring beide Beine verlor, bezeichnet Zanardi heute als Festtag. Weil er überlebte. Doch er bezeichnete den Tag am Mittwoch am Strand von Barra sogar als "die größte Chance meines Lebens", sein Leben als "scheinbar nie enden wollendes Privileg". Er habe gelernt, "dass im Leben nie etwas zu 100 Prozent gut oder schlecht ist. Man muss aus allem nur das Beste machen."

"Bin doch schon ein alter Mann"

Das tut er in beeindruckender Weise. Und dass er rund sechs Wochen vor seinem 50. Geburtstag schon wieder gewann, konnte er selbst kaum glauben. "Das ist unglaublich, fantastisch. Ich bin doch schon ein alter Mann", sagte er: "Normalerweise rede ich nicht mit Gott, weil ich denke, er hat Wichtigeres zu tun. Aber als ich erfahren habe, dass ich gewonnen habe, das war einfach zu viel. Da habe ich erst mal zum Himmel geschaut und gesagt: Thank you, Big Boss!"

Bei der Zwischenzeit hatte Zanardi noch fast 20 Sekunden Rückstand auf die Spitze, am Ende triumphierte er in 28:36,81 Minuten mit 2,7 Sekunden vor dem Australier Stuart Tripp. Sein Erfolsrezept beschrieb der von unzähligen Kameras belagerte Italiener im Sprachen-Mix in der Interview-Zone ganz schlicht: "Never bremsen!" Und dachte gleich schon an die nächste Herausforderung: "Liebe Freunde in der Indy-Car-Serie", sagte er: "Bald komme ich vorbei, um Euch meine Medaille zu zeigen. Und dann werde ich auch wieder mit Euch fahren."

In umgebauten Autos fährt Zanardi, der nach eigenen Angaben bei einem Beinbruch heute "nur noch einen Imbusschlüssel braucht", weiter Rennen. "Es ist meine Neugier, die mich immer weiter antreibt", sagte Zanardi. Er sei aber nichts Besonderes, sondern "einfach nur der Sohn zweier toller Eltern. Wenn mich Leute als Vorbild sehen, macht es mich stolz. Aber es ist nicht mein Antrieb. Ich gehe einfach meinen Weg, und wenn ich Menschen am Wegesrand damit inspiriere: Umso besser!"

Auf die Frage, ob er 2020 in Tokio auch noch an den Start geht, lachte Zanardi schallend. "Keine Ahnung, ob ich dabei bin", meinte er: "Aber ich bin dann fast 54. Also wenn, dann wahrscheinlich eher als Mechaniker."

In Barra vollendete er jedenfalls noch eine Mission aus seiner Rennfahrer-Karriere. "Die Handbike-Strecke verläuft genau dort, wo damals die Indy-Car-Strecke war, auf der ich immer sehr schnell war", erzählte er: "Dort habe ich vor 20 Jahren meine erste Pole Position geholt. Aber ich habe nie dort gewonnen. Das habe ich nun nachgeholt."

Vielleicht hat es ihm der "Big Boss" ermöglicht. Als Geschenk für den "zweiten Geburtstag".

(sid)
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