"Blade Runner" Pistorius Der große Paralympics-Star von London ist tief gefallen

Rio de Janeiro/Johannesburg · Oscar Pistorius war bei den drei vergangenen Paralympics der große Star. Inzwischen ist der Südafrikaner tief gestürzt - und sitzt wegen Mordes im Gefängnis.

Olympia 2012: Pistorius schreibt Geschichte
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Foto: afp, JOHANNES EISELE

Er war als "Blade Runner" eine Legende, er war das Gesicht der Paralympics über viele Jahre hinweg - doch inzwischen ist Oscar Pistorius ganz tief gefallen. Anstatt in Rio de Janeiro erneut um Gold zu laufen, sitzt der 29-Jährige in Pretoria wegen Mordes an seiner Lebensgefährtin Reeva Steenkamp im Gefängnis.

Zuletzt hatte es am Kap sogar Gerüchte gegeben, Pistorius habe aus Verzweiflung einen Selbstmordversuch unternommen, sich die Pulsadern aufgeschnitten. Ein Sprecher der Haftanstalt meinte jedoch, dass sich der sechsmalige Paralympicssieger bei einem Sturz aus dem Bett verletzt habe.

Wie auch immer. Pistorius werde "nie mehr in Frieden mit sich selbst leben können, sein Leben wird nie mehr das gleiche sein wie vor der Tat", hatte Richterin Thokozile Masipa im Juli nach der Berufungsverhandlung erklärt. Sechs Jahre Haft wegen Mordes lautete das Urteil.

Für viele Kritiker war das Strafmaß viel zu niedrig ausgefallen. Doch Pistorius sei ein "gefallener Held, der seine Karriere verloren hat und finanziell ruiniert ist. Deswegen denke ich insgesamt, dass eine längere Haftstrafe der Gerechtigkeit nicht besser dienen würde", rechtfertigte Masipa den Spruch des Berufungsgerichts.

Für Deutschlands Weitsprung-Weltrekordler Markus Rehm ist Pistorius vor den Rio-Spielen "kein großes Thema, was uns beschäftigt". Doch die Öffentlichkeit beschäftigt das Thema extrem, seit Pistorius seine Freundin 2013 durch eine geschlossene Badezimmertür erschossen hatte.

Immerhin war Oscar Leonard Carl Pistorius von Athen 2004 bis nach London 2012 der Vorzeigeathlet der paralympischen Bewegung. Sechs Goldmedaillen bei Paralympics, dazu sechs Weltmeistertitel, hatten ihn zu einem Helden der Szene aufsteigen lassen.

2011 war Pistorius, dem im Alter von elf Monaten wegen einer angeborenen Fehlbildung beide Beine unterhalb der Knie amputiert wurden, sogar bei der Leichtathletik-WM der Nichtbehinderten am Start - und gewann Silber mit der 4x400-m-Staffel. Die Bilder des südafrikanischen Läufers mit den zwei Kunststoffprothesen gingen um die Welt. Pistorius war der "Blade Runner" oder schlicht "The Fastest man on no legs" (Der schnellste Mann ohne Beine).

Doch genauso medienwirksam war das Bild eines gestürzten Helden. Bei einer Verhandlung war Pistorius ohne seine Prothesen durch den Gerichtssaal gegangen; seine Verteidiger wollten damals die körperliche Hilflosigkeit des Paralympicgssiegers demonstrieren.

Pistorius beteuerte auch bei der Berufungsverhandlung seine Unschuld und erklärte vor Gericht wiederholt, die tödlichen Schüsse zur Abwehr mutmaßlich ins Haus eingedrungener Einbrecher abgegeben zu haben. Er wolle sein Leben "nicht im Gefängnis vergeuden", sagte er verzweifelt. Seine Anwälte wiesen mehrfach auf die labile Psyche ihres Mandanten hin - vergeblich.

Vom strahlenden Helden der Paralympics ist definitiv nichts mehr geblieben.

(sid)
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