Olympische Sommerspiele 2016 Die Baustellen von Rio

Rio de Janeiro · An schönen Bildern wird es nicht mangeln. Ein Jahr vor den ersten Olympischen Spielen in Südamerika gibt es aber noch viele Baustellen – die Brasilianer setzen auf ein gewagtes Konzept. Und auf den Fußball.

Olympische Sommerspiele 2016: Diese Baustellen hat Rio de Janeiro noch
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Diese Baustellen hat Rio noch

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An schönen Bildern wird es nicht mangeln. Ein Jahr vor den ersten Olympischen Spielen in Südamerika gibt es aber noch viele Baustellen — die Brasilianer setzen auf ein gewagtes Konzept. Und auf den Fußball.

Da ist er wieder, der "weiße Elefant". Bilder werden gezeigt. Vom Tennisstadion in Atlanta, vom Schwimmstadion in Athen und der Kanustrecke in Peking. Sportstätten, die nach Olympia vor sich hingammeln. Bei Olympia 2016 soll es auch nicht wie bei der Fußball-WM 2014 in Brasilien teure, sinnlose Bauten geben. "Wir wollen Spiele ohne weiße Elefanten. Verbesserungen für die Bürger", sagt Pedro Paulo, Chefberater von Rio Bürgermeister Eduardo Paes.

Paulo steht auf der Baustelle von Carioca 1, es ist staubig, blaue und grüne Sitze sind zwar bereits in der Arena für 16.000 Menschen auf Stahlkonstruktionen eingebaut, aber noch in Folien verpackt. Hier sollen in einem Jahr die Basketball-Wettbewerbe stattfinden. Direkt daneben gibt es die baugleichen Hallen Carioca 2 und 3, unter anderem für Ringen und Fechten. Um die wegen der hohen Kosten mäßig begeisterten Bürger "mitzunehmen", stellt Paulo bereits das Konzept vor, was nach Olympischen- und Paralympischen Spielen mit den Arenen passieren soll. Trainingszentren, Konzerte — und: Carioca 3 wird umgebaut zu einer Schule mit 24 Klassen für rund 1000 Schüler.

Es gibt auch eine Kehrseite

Laut Umfragen sollen inzwischen 67 Prozent der Bürger die Spiele unterstützen. Draußen fahren Bagger, hunderte Arbeiter schuften für die Vision der ersten Olympischen Spiele in Südamerika. Das Schwimmstadion liegt imposant am Wasser, die Tennisarena vor einer Rio-typischen Hügelkulisse. Hier dürfte alles fertig werden. Rio de Janeiro wird ein Olympia der Bilder, es ist eine der schönsten Städte der Welt. Der Cristo, der Zuckerhut, die Lebensfreude der Cariocas.

Aber die Kehrseite: Das hier ist eigentlich gar nicht mehr Rio, der Olympiapark Barra de Tijuca liegt 40 Kilometer von der Copacabana entfernt. Und einer nahen Favela droht die komplette Räumung. Die Polizei ist nicht gerade zimperlich, wenn es um mehr Sicherheit geht.
Amnesty wirft ihr hunderte Morde in Rio in den letzten Jahren vor.

Am 5. August 2016 soll das Olympische Feuer in Rio entzündet werden. Touristen müssen sich auf eher lange Wege einstellen. Es gibt gleich vier Olympia-Zentren. Die meisten Wettbewerbe — darunter Schwimmen, Radfahren, Fechten, Handball, Basketball, Turnen und Tennis — finden draußen in Barra statt. Jetzt schon eine eigene Stadt, wird so die Ausdehnung Rios vorangetrieben. Viel neuer Wohnraum soll entstehen durch das Olympische Dorf, als Vorbild wird München 1972 genannt. Und der Bürgermeister nennt immer wieder Barcelona 1992: Fröhliche Spiele, die der Stadt danach einen erheblichen Touristenzustrom bescherten.

Die Metro-Linie 4 nach Barra ist das wichtigste Infrastrukturprojekt, eine Behörde zur Überwachung der Ausgaben sieht ein "hohes Risiko", dass die Linie nicht rechtzeitig fertig wird, aber zuletzt gab es bei den Tunnelbauarbeiten positive Fortschritte. Nach Barra soll es mit der U-Bahn 15 Minuten dauern. Heute brauchen Taxis und Busse in Stoßzeiten ein bis zwei Stunden. Überall wird gebaut, bei einigen Straßenprojekten könnte es knapp werden — aber die Bewohner, Cariocas genannt, sind Meister der Improvisation, irgendeine Lösung oder Deal ("Jeito") findet sich immer. In Rio kann jeder verschleiern, wenn er des Portugiesischen nicht mächtig ist, ganze zwei Wörter reichen für die Standardkommunikation. Frage: "Tudo bom?" Antwort: "Tudo bom".

In Rio ist immer alles gut. Und "Tudo bom" ist es auch mit Olympia. Okay, jetzt noch nicht ganz. Aber in genau einem Jahr ganz sicher. Es wird aus Kostengründen kein neues Olympiastadion geben, ein bestehendes Leichtathletikstadion von den Panamerikanischen Spielen 2007 wird auf 60.000 Zuschauer erweitert, Eröffnung- und Schlussfeier finden im größeren Maracana statt — das hat aber keine Laufbahn. Eigentlich kann ja nur einer das Olympische Feuer entzünden: Pele. Beide Stadien liegen im Nordosten der 6,5-Millionen-Einwohner-Stadt.

Im Nordwesten in Deodoro soll unter anderem Reiten, Hockey, BMX und Kanuslalom stattfinden, in einer Lagune beim Stadtteil Copacabana die Ruderwettbewerbe und am Strand der Copacabana Beach-Volleyball und das Langstreckenschwimmen. Ein Höhepunkt wird sicher auch das Finale im Marathon im Sambodromo, sonst Herz des Samba-Karnevals von Rio.

Vom sportlichen her interessiert die Brasilianer vor allem ein Titel: Fußball-Gold, am besten bei Männern und Frauen. Da auch drei über-21-Jährige in jedem Olympiateam mitkicken dürfen, wird natürlich fest mit der Teilnahme von Barcelona-Star Neymar gerechnet. Angepeilt wird ein Platz unter den besten Zehn. Bei den Spielen 2012 in London wurde man mit drei Gold-, fünf Silber- und neun Bronzemedaillen nur 22 in der Medaillen-Wertung.

Offiziell ist das Internationale Olympische Komitee um Präsident Thomas Bach "zufrieden" mit den Vorbereitungen. Größtes Sorgenkind sind die Segelwettbewerbe in der verschmutzten Guanabara-Bucht am Zuckerhut. Misstrauen begleitet die Organisatoren. Das IOC will im Vorfeld von Olympia selbst die Wasserqualität messen lassen. Einen Plan B, eine Verlegung in sauberere Gefilde, gibt es (noch) nicht.

(dpa)
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