Rhein-Ruhr-Region macht sich Hoffnung Der olympische Traum

Düsseldorf · Das Internationale Olympische Komitee überzeugt Los Angeles mit zwei Milliarden Euro, Paris den Vortritt für 2024 zu lassen. Die deutsche Initiative für die Rhein-Ruhr-Region könnte zum Nutznießer dieses Geschäfts werden.

 Die Olympischen Ringe vor dem Strand in Rio de Janeiro.

Die Olympischen Ringe vor dem Strand in Rio de Janeiro.

Foto: ap, DC

Vor dem olympischen Museum in Lausanne brennt ein ewiges Feuer. Über die Flammen hinweg blickt mit feierlichem Ernst der Gründer der neuzeitlichen Spiele über den Genfersee, vielmehr ein Standbild des Mannes, der die olympische Idee in die Neuzeit tragen wollte. Das Bild steht in einem Halbkreis von weißen Säulen. Es ist ein steinerner Augenblick jenseits der Zeit — ein bisschen so, wie es sich Baron Pierre de Coubertin gewünscht haben könnte, als er den olympischen Geist von der Antike in die Gegenwart transportierte.

Der Baron hat die völkerverbindende Kraft der Spiele beschworen. Er gab sich als Idealist, der in der sportlichen Bildung eine notwendige Ergänzung zur schulischen und gesellschaften Erziehung sah. Damit war er ein Kind seiner Zeit. Seinem hartnäckigen Kampf um diese Idee verdankt die Welt die Gründung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und die ersten Spiele der Neuzeit in Athen 1896.

120 Jahre später sprechen auch die Nachfahren des Barons gern vom olympischen Geist. Die Fensterreden klingen vielleicht nicht mehr so weihevoll wie die im 19. Jahrhundert, aber man darf sicher sein, dass sie in Fragen der Heuchelei schwer zu überbieten sind.

Wer heute von Olympia träumt, der träumt nämlich in erster Linie von einem gigantischen Geschäft. Olympische Spiele bewegen buchstäblich Milliarden. Vor allem bewegen sie Milliarden in die Kassen des IOC, das zu einer wunderbaren Geldvermehrungsmaschine geworden ist. Das hat es dem segensreichen Wirken des Spaniers Juan Antonio Samaranch zu verdanken. Er hatte im faschistischen Franco-Regime politische Karriere gemacht und kommerzialisierte die Spiele seit den 1980ern in 21 Amtsjahren als IOC-Präsident.

Kein Zufall, dass seine Amtszeit mit den ersten privatwirtschaftlich finanzierten Spielen in Los Angeles 1984 ihren ersten Höhepunkt erlebte. Der US-amerikanische Unternehmer Peter Ueberroth organisierte diese Spiele, weil eine Volksabstimmung staatliche Zuschüsse verweigerte. Am Ende der Spiele von Los Angeles stand ein Gewinn von 250 Millionen Dollar.

Der Traum vom satten Gewinn

Von satten Gewinnen träumt Los Angeles auch in diesen Tagen. Es hat sich erneut beim IOC um die Ausrichtung Olympischer Spiele beworben. Und es war sogar so nett, dem Mitbewerber Paris für 2024 den Vortritt zu lassen. Selbstverständlich nur unter Bedingungen. Die eine: L.A. wird Olympiaort 2028. Die andere: Das IOC honoriert so viel Zurückhaltung. Das hat der Weltverband unter Führung seines deutschen Präsidenten Thomas Bach natürlich getan. Mit rund zwei Milliarden Euro unterstützt das IOC Olympia 2028 in Kalifornien. Bach findet, es sei "eine Win-win-win-Situation" - seine Gewinner sind Paris, Los Angeles und das IOC.

Aber auch die Initiative "Rhein Ruhr Olympic City" sieht sich als Sieger des Handels, den die IOC-Vollversammlung im September bestätigen wird. Sie will die Spiele 2032 nach Nordrhein-Westfalen holen. Und sie weiß, dass ihre Chancen in Richtung Nullpunkt gesunken wären, wenn die europäische Stadt Paris vier Jahre früher am Zug gewesen wäre. Initiator Michael Mronz stellt deshalb fest, das sei eine "gute Nachricht. 15 Jahre Planungshorizont bedeuten für uns, die Rhein Ruhr Olympic City-Initiative mit den Themen vernetzte Mobilität und Digitalisierung in NRW so zielgerecht gestalten und weiterentwickeln zu können, dass die Menschen in der gesamten Metropolregion vor und weit nach Olympischen Spielen einen langfristigen ökonomischen und ökologischen Nutzen haben".

Er betont gern den Nachhaltigkeitsaspekt, weil er weiß, dass der ein zentraler Punkt in den IOC-Richtlinien zur Vergabe ist — auch wenn die Ruinen von Athen (Spiele 2004) und Rio (2016) dem Gedanken Hohn sprechen. Mronz verweist darauf, dass "80 Prozent der Sportstätten" bereits vorhanden seien. Für zeitgemäße Renovierung würden deren Betreiber sicher sorgen. Schließlich werden die Mönchengladbacher ihren Hockeypark bis 2032 ebenso wenig verfallen lassen wie die Aachener ihr Reitstadion. Mronz hält es für die Kernkompetenz der Rhein-Ruhr-Bewerbung, dass sie die Stärken der ganzen Region nutzt.

Rhein-Ruhr scheiterte schon einmal

Das ist ein charmanter Gedanke. Er ist aber nicht neu. Und es ist die Frage, ob sich dem IOC dieser Charme nun eher erschließt als vor 14 Jahren. 2003 versenkte das Nationale Olympische Komitee als Sachwalter des IOC bei der nationalen Endausscheidung der deutschen Bewerber um die Spiele 2012 ein beinahe identisches Konzept feierlich in einem Hotel am Englischen Garten in München. Im dritten Wahlgang durfte sich Rhein-Ruhr mit Düsseldorf als zentralem Ort verabschieden. Leipzig wurde Bewerber, weil dessen Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee mit seinem Cello-Spiel offenbar mehr Eindruck auf die Wahlleute machte als Rhein-Ruhr mit der Bewerbung als Region.

Im Unterschied zum Mronz-Konzept legten die Nordrhein-Westfalen seinerzeit sogar Pläne und Finanzierung für ein zurückbaubares Olympiastadion an der Stelle des damaligen Rheinstadions vor. Heute vertraut Mronz auf den Planungspartner Zeit. Es werde sich schon ein Fußball-Bundesligist finden, der in den nächsten 15 Jahren eine neue Arena an Rhein und Ruhr errichten will, sagt der Sportgeschäftsmann aus Köln. So viel Nonchalance bringen wirklich nur Rheinländer auf.

Die Chance auf die ersten Olympischen Spiele in einer Region statt einer Metropole erhöht das nicht. Wohlgemerkt: die Chancen bei den hohen Olympiern des IOC. Über politische Willensbildung ist dabei noch nichts gesagt. Bürgerentscheide ließen zuletzt die Münchner Bewerbung um die Winterspiele 2022 und die Hamburger Bewerbung um die Sommerspiele 2024 scheitern. Dabei hatten auch diese Pläne Charme - und sie waren nachhaltig.

(pet)
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