Ärger nach Gold über 200 Meter Bolt muss sich zum Jubeln zwingen

Düsseldorf/Rio de Janeiro · Ungefährdet gewinnt Usain Bolt auch über seine Lieblingsstrecke die Goldmedaille. Es ist bereits der achte Olympiasieg des Jamaikaners. Doch der Supersprinter, der sich selbst als Entertainer versteht, muss sich erst darauf besinnen, den Sieg so zu feiern, wie die Fans es von ihm erwarten.

 Usain Bolts erste Reaktion nach dem Olympiasieg: Ärger.

Usain Bolts erste Reaktion nach dem Olympiasieg: Ärger.

Foto: dpa, jgm

Auf dem Weg zum "Triple-Triple", also dreimal Gold bei drei Olympischen Spielen, ist Usain Bolt wohl nur noch von einem Wechselfehler aufzuhalten. Zum Abschluss seiner Olympia-Karriere tritt Bolt mit Jamaika in der 4x100-Meter-Staffel an. Werden die Stars aus der Karibik auch dort ihrer Favoritenrolle gerecht, wäre der Dreifach-Hattrick perfekt. Im 200-Meter-Finale jedenfalls war Bolts einziger Gegner die Zeit. Und weil er dieses Duell verlor, kam die Freude über die achte Goldmedaille beim jamaikanischen Sunnyboy nur zögerlich.

Beim Blick auf die Uhr unmittelbar nach dem Rennen verzog Bolt sein Gesicht, schrie seinen Ärger hinaus und sah so gar nicht aus, wie jemand, der gerade überlegen Gold gewonnen hatte. Einen Weltrekord hatte er sich vorgenommen für diese Spiele. Und zwar über seine Paradestrecke, die geliebten 200 Meter. "Ich wollte immer schon unter 19 Sekunden laufen", hatte er vor den Spielen gesagt. 2009 in Berlin hatte Bolt die Bestmarke auf 19,19 Sekunden gedrückt. "Wenn ich nach den Halbfinals eine gute Nacht habe, ist es möglich", meinte Bolt nach seinem lässigen Einzug ins Finale. Doch im Finale blieb er bei schlechten Bedingungen mit 19,78 Sekunden weit hinter dem gesteckten Ziel zurück.

So langsam war Bolt noch nie in einem Endlauf über 200 Meter bei großen Meisterschaften. Doch schnell erinnerte sich der Superstar der Leichtathletik, dass er, wie er selbst sagt, eben nicht nur Sprinter, sondern auch Entertainer ist. Und als solcher durfte er den Fans im Stadion die große Bolt-Show nicht vorenthalten. Ein Olympiasieger, der nicht feiert? Ein Usain Bolt, der nicht lässig jubelnd seine Ehrenrunde dreht? Undenkbar.

Ehrenrunde mit brasilianischer Flagge

Also schluckte Bolt seinen Ärger hinunter und besann sich darauf, dass die achte Goldmedaille allein ja schon kein schlechter Grund zum Feiern ist. Der Ärger im Gesicht wich einem Dauer-Grinsen. Bolt küsste symbolträchtig die Ziellinie, schoss Selfies mit den Fans in den ersten Reihen und genoss das Bad in der Menge. "Die Leute hier haben mir so viel Energie gegeben, so viel Liebe, das fühlt sich großartig an", sagte Bolt. Um etwas von dieser Liebe zurückzugeben, drehte er die Ehrenrunde mit einer jamaikanischen und einer brasilianischen Flagge. Zu Hause in Jamaika spielten "die Leute jetzt sicher verrückt", sagte er. Und manch kritischer Beobachter war vielleicht sogar froh, dass Bolt, der nie positiv getestet wurde, wegen der laschen Dopingkontrollen in Jamaika sich aber eben auch nie gänzlich vom Dopingverdacht freimachen konnte, so weit entfernt war von der angestrebten Fabelzeit.

Bereits vor dem Rennen war Bolt seiner Rolle als Showman gerecht geworden. Mit dicken Kopfhörern über seiner schwarzen Baseball-Kappe hatte er getanzt, gerappt und mit den Hüften gewackelt. Als es dann ernst wurde, war er voll fokussiert auf das Rennen. Keiner schafft den Drahtseilakt zwischen sportlicher Höchstleistung und Unterhaltung so gekonnt wie Bolt. Auch in Rio ist das Leichathletik-Stadion nur rappelvoll, wenn Bolt läuft.

Nun soll noch der Sieg mit der Staffel folgen. Mit dann neun Goldmedaillen würde Bolt mit dem Finnen Paavo Nurmi (1920 bis 1928) und Carl Lewis aus den USA (1984 bis 1996) gleichziehen. Das Finale, Bolts letzter Auftritt auf der großen Bühne Olympia, steigt am Freitag (22.35 Uhr OZ/03.25 Uhr MESZ). "Ich freue mich darauf, wiederzukommen, und werde euch eine großartige Show liefern", sagte Bolt. Dass er diese Ankündigung wahrmacht, daran besteht kein Zweifel.

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