Olympische Sommerspiele Schwere Stürze - harte Kritik

Rio De Janeiro · Die Niederländerin Annemiek van Vleuten hat Glück gehabt. Glück, dass sie ihren schweren Sturz beim Straßenradrennen am Sonntag mit vergleichsweise leichten Verletzungen überstanden hat. Denn die Bilder, die von der berüchtigten Abfahrt "Vista Chinesa" zu sehen waren, verhießen nichts Gutes.

Olympische Sommerspiele: Der schwere Sturz von Annemiek van Vleuten
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Niederländerin van Vleuten stürzt im Straßenrennen schwer

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"Ich dachte, sie wäre tot", sagte die spätere Goldmedaillengewinnerin Anna van der Breggen nach dem Rennen. Schon vor den Spielen gab es Kritik am geplanten Streckenverlauf. Jetzt werden diese Stimmen wieder lauter. "Der Kurs war am Limit, noch schwerer geht eigentlich nicht", urteilte der deutsche Radprofi Simon Geschke.

Geplant hatten die Veranstalter einen Traumkurs — vor allem aus touristischer Sicht. Vom feinen SaSandstrand der Copacabana über den Tropenwald in den Bergen bis hin zum Blick auf die Jesusstatue bietet der Kurs ein atemberaubendes Bild nach dem anderen. Die Radprofis kritisieren, dass die fernsehträchtigen Bilder zulasten der Sicherheit gehen. Diese Meinung vertritt auch Chris Boardman, britischer Olympiasieger von 1992: "Ich habe mir den Kurs angeschaut und gesagt: Wer hier stürzt, wird kaum wieder aufstehen. Das war weit entfernt von anspruchsvoll, das war gemeingefährlich."

Boardman kommentierte live für die britische BBC, als sich Annemiek van Vleuten auf der sechs Kilometer langen Abfahrt verbremste, gegen den Bordstein prallte und nach dem Sturz regungslos liegen blieb. "Sie lag da so komisch. Und wir haben einfach nichts gehört, wie es ihr ging", berichtete ihre Mutter Ria van Vleuten gestern. Glücklicherweise zog sich die Tochter nur drei kleine Brüche im Bereich der Lendenwirbelsäule und eine Gehirnerschütterung zu. Noch aus dem Krankenhaus twitterte sie: "Alles wird gut."

Schon am Samstag war es beim Rennen der Männer zu ähnlichen Szenen gekommen - 79 von 144 Startern erreichten nicht einmal das Ziel. Dazu zählte auch der Deutsche Tony Martin, der frühzeitig ausstieg, um kein Risiko für das morgige Zeitfahren einzugehen. Viele andere hörten aber nicht freiwillig auf. Der Italiener Vincenzo Nibali lag auf Goldkurs, als er wie van Vleuten auf der letzten Abfahrt stürzte und sich das Schlüsselbein brach. Beim Versuch ihm auszuweichen, kam auch der Kolumbianer Sergio Henao zu Fall und erlitt einen Beckenbruch. Ähnlich erging es vielen anderen Top-Fahrern, die mit bis zu 80 km/h auf der kurvigen Abfahrt stürzten. Der Australier Richie Porte brach sich die Schulter.

Nach der Zielankunft der Männer war die Verärgerung über das Rennen groß. "Es war Anarchie da draußen", sagte der US-Radprofi Brent Bookwalter. "Das war der härteste Tag, den ich bislang auf einem Fahrrad erlebt habe. Es war ein brutales Rennen", pflichtete der Ire Daniel Martin bei. Olympiasieger wurde Greg Van Avermaet. "Ich bin froh, dass mir nichts passiert ist", sagte der Belgier nach seinem Sieg.

(RP)
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