Gold im 7er-Rugby Fidschi gewinnen Nationalfeiertag

Rio de Janeiro · Ausnahmezustand im Inselstaat Fidschi. Das Rugby-Team holt im Finale gegen Großbritannien die erste Olympia-Goldmedaille. Zur Belohnung spendiert der Premierminister den knapp 900.000 Einwohnern einen Feiertag.

Gold im Rugby: Erste Olympiamedaille für Fidschi
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Gold im Rugby: Erste Olympiamedaille für Fidschi

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Foto: afp

Janeiro Leone Nakawara hat Schultern so breit wie ein Kleiderschrank. Er ist zwei Meter groß und wiegt 119 Kilogramm. Ein einziges Muskelpaket, dem oft zugeschrieben wird, er sehe angsteinflößend aus. Doch in diesem Moment wirkt Nakawara so schwach, dass man ihn am liebsten in den Arm nähme. Tränen kullern über sein Gesicht. Es ist der glücklichste Tag in seinem Leben. Denn wenige Augenblicke zuvor hat er mit dem Nationalteam der Fidschi Gold im 7er-Rugby gewonnen — die erste olympische Medaille überhaupt für den Inselstaat im Pazifik. Vor 60 Jahren in Melbourne nahm das Land erstmals an Sommerspielen teil, bei der nun 14. Teilnahme hat es endlich geklappt. "Als kleiner Junge habe ich diesen Traum gehabt", sagt Nakawara, der einzige Profi im Team, "nun ist er Wirklichkeit geworden." Dann hebt er die rechte Faust und singt mit seinen Teamkollegen, die als Gefängniswärter, Polizisten und Soldaten arbeiten, die Rugby-Hymne "Vanua domoni".

22. August wird zum Feiertag

Frank Bainimarama war natürlich nach Rio geflogen, um seine Landsleute zu unterstützen. Der Premierminister war derart begeistert von dem historischen Ereignis, dass er kurzerhand einen neuen Nationalfeiertag eingeführt hat. Nach dem sie im Finale Großbritannien mit 43:7 abgefertigt haben, soll am 22. August in Zukunft auf den Fidschi nicht gearbeitet werden — kurioserweise nicht am 11. August, dem Tag des Triumphes. "Das ist ein wundervoller Moment in der Geschichte unserer Nation", verkündet Bainimarama. "Wir haben unsere erste Goldmedaille bei den Sommerspielen gewonnen, und jeder Fidschianer freut sich zu Hause und auf der ganzen Welt."

Rugby ist nach einer langen Pause von 92 Jahren wieder olympisch — Titelverteidiger des Wettbewerbs waren die USA, die sich 1920 und 1924 jeweils den Sieg holten. Beim ersten Anlauf hatten sie allerdings nur einen Gegner, beim bislang letzten olympischen Auftritt waren es immerhin zwei. In Rio war einiges anders. Zum Beispiel die besondere Variante des Spiels: Im Gegensatz zum klassischen Format bilden nicht 15, sondern nur sieben Akteure eine abgespeckte Mannschaft. Die Spielzeit ist dadurch erheblich verkürzt, statt 80 Minuten im Endspiel nur zwei Mal zehn Minuten. Fast in jedem Spielzug kommt es so zu Punkten. So ganz überraschend kam der Erfolg der Fidschi nicht. In den vergangenen beiden Jahren haben sie jeweils die World-Rugby-Seven-Series gewonnen, was vergleichbar ist mit einem Weltmeisterschafts-Titel.

Volkssport Nummer eins

Rugby ist auf Fidschi Volkssport Nummer eins, noch vor Fußball. In dieser Disziplin haben sie sich zwar auch qualifiziert, wurden aber in der Vorrunde zuletzt beim 0:10 gegen Deutschland deklassiert. Im Kampf um das Ei wäre es undenkbar, dass sie derart verprügelt würden. Die Fidschi, die mit rund 900.000 Einwohnern im Vergleich zu anderen Rugby-Nationen wie Neuseeland, England, Australien oder Südafrika deutlich kleiner sind, haben sich auf die schnelle Variante spezialisiert. "Das ist eine perfekte Kombination aus Spielwitz, Technik und Kraft. Sieben Spieler wiegen mehr als 100 Kilo und können sich dennoch geschmeidig bewegen", erläutert Manuel Wilhelm, Leistungssportreferent beim Deutschen Rugby-Verband (DRV) die besondere Stärke des Südsee-Teams. Das deutsche Team hatte die Rio-Qualifikation übrigens verpasst. In der Republik Fidschi war nach dem Sieg in Rio an einen geregelten Arbeitstag nicht mehr zu denken. Die "Fiji Times" berichten davon, dass "in jeder Ecke des Landes" gefeiert wird. Die Fluggesellschaft Fiji-Air kündigte an, auf seinen Flügen "Goldbier" auszuschenken. Banken und Läden machten zwischen zehn und halb elf Uhr Ortszeit spontan zu — und danach nicht mehr auf.

"Das ist die Mannschaft einer ganzen Nation", sagt Fidschis englische Nationaltrainer Ben Ryan, "das ganze Land hat uns zugesehen, alle werden von unserer Leistung begeistert sein." Seine Spieler brauchten bei der Siegerehrung eine Weile, bis sie die Dimension ihrer Taten begriffen hatten. "Ich habe da oben zu den Jungs gesagt: Passiert das gerade wirklich? Haben wir echt Gold?", berichtet Kapitän Kolinisau. "Dieser Sieg ist für ganz Fidschi und die pazifischen Inseln. Spielt verrückt! Wir gehen jetzt erst einmal etwas essen. Ich freue mich jetzt echt auf einen Big Mac."

(RP)
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