"Besorgen den Australiern ein Känguru" Bürgermeister reagiert mit Spott auf Kritik an Olympischem Dorf

Rio de Janeiro · Neuer Ärger für Rio 2016: Bei der Einweihung des Olympischen Dorfes klagen Gäste über miserable Zustände und weigern sich, in die Appartements einzuziehen. Der Bürgermeister von Rio gießt mit einer flapsigen Bemerkung zusätzlich Öl ins Feuer.

 Rios Bürgermeister Eduardo Paes bei der Eröffnung des Olympischen Dorfes.

Rios Bürgermeister Eduardo Paes bei der Eröffnung des Olympischen Dorfes.

Foto: afp

Bei der Eröffnung des Olympischen Dorfes in Rio de Janeiro hat es einen Eklat wegen des mangelhaften Zustands der Unterkünfte gegeben. Die Delegation Australiens weigerte sich, ihr Quartier zu beziehen. Das Australische Olympische Komitee beschwerte sich unter anderem über defekte Wasserleitungen und verstopfte Toiletten. Die "Vila dos Atletas" war am Sonntag offiziell eröffnet worden - weniger als zwei Wochen vor Beginn der Olympischen Spiele.

Das Organisationskomitee von Rio 2016 räumte die Probleme ein und versprach eine rasche Lösung. "Arbeiter werden 24 Stunden am Tag arbeiten, bis die Probleme gelöst sind", hieß es. Laut Medienberichten sollen bis zu 500 Personen in den nächsten Tagen zusätzlich in dem Dorf arbeiten. Probleme soll es auch bei den Delegationen Neuseelands und Großbritanniens gegeben haben.

Die australische Delegationschefin Kitty Chiller beschrieb erbärmliche Zustände. Es gebe Lecks an den Leitungen, an einigen Stellen tropfe Wasser von der Decke, auf dem Boden würden sich Lachen neben Stromkabeln bilden. "Die Villa ist einfach nicht sicher und nicht bezugsfertig", sagte Chiller.

"Es ist nicht alles wirklich sauber und fertig, es ist halt etwas brasilianisch", sagte Michael Trummer, der Chef-Bundestrainer der Kanuten, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland am Montag. Von 99 Wohneinheiten der deutschen Mannschaft seien 40 bewohnbar. Die Außenanlagen etwa seien noch nicht olympiareif, aber das sei 2004 in Athen nicht anders gewesen, ergänzte Stefan Henze, der Disziplin-Bundestrainer der Kajak-Damen.

"Wir brauchen keine Kängurus, wir brauchen Klempner"

Für zusätzlichen Ärger sorgten ironische Anmerkungen des Bürgermeisters von Rio. Damit sich die Australier wohl fühlten, könnte man ja ein Känguru vor Gebäude setzen, sagte Eduardo Paes vor Journalisten. "Wir brauchen keine Kängurus, wir brauchen Klempner", entgegnete später laut dem Nachrichtenportal "UOL" ein australischer Sprecher.

Olympia 2016: Die Wettkampfstätten in Rio de Janeiro
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Am Samstagabend hatten die Delegation einen "Stresstest" in den Wohnungen gemacht, hatte zuvor Delegationsleiterin Chiller erklärt. Dabei waren alle Wasserhähne und Toilettenspülungen auf mehreren Etagen gleichzeitig bedient worden. Danach sei Wasser die Wände herunter genommen und es habe einen starken Geruch von Gas in einigen Wohnungen gegeben, klagte die Australierin.

Das Olympische Dorf liegt im wohlhabenderen Stadtteil Barra da Tijuca im Westen Rios, 1,5 Kilometer vom Olympiapark mit den meisten Sportstätten entfernt. Mehr als 10.000 Athleten aus aller Welt sollen in dem Komplex mit 31 Hochhäusern während der ersten Spiele in Südamerika wohnen, dazu kommen Trainer, Betreuer und Ärzte. In der Spitze wird mit rund 18.000 Bewohnern gerechnet. Es gibt 3604 Apartments.

Mauschelei beim Bau

Das Olympische Dorf ist ein umstrittenes Projekt. Gebaut wurde die Anlage "Ilha Pura" ("Reine Insel") von dem Milliardär Carlos Carvalho, zusammen mit dem im Fokus einen landesweiten Korruptionsskandals stehenden Baukonzerns Odebrecht. Es stellt sich die Frage, ob hier bei Bau und Inneneinrichtung gepfuscht worden ist. Seit dem Einsturz eines für Olympia gebauten neuen Küsten-Radwegs, bei dem zwei Männer starben, ist das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Olympia-Bauten in Rio stark gesunken.

Seit einigen Monaten ist das Organisationskomitee für die Anlage zuständig. Die Außenbereiche mit den Swimmingpools, Grillplätzen und Radwegen sind schick, aber die karge Einrichtung könnte Sportler an Sparta erinnern. Die für die Ausstattung verantwortlichen Organisatoren stehen wegen der tiefen Rezession in Brasilien und einem engen Budget unter enormen Spardruck.

Wohnungen sind mit Billigbetten und Plastik-Kleiderschränken bestückt. Nach den Spielen soll alles mit mehr Luxus aufgehübscht werden. Die Bauherren übernehmen dann wieder das Kommando und wollen versuchen, mit dem Verkauf Kasse zu machen. 2012 spendete Carvalho 650.000 Reais (180.000 Euro) für die Wiederwahlkampagne von Bürgermeister Eduardo Paes und seiner Partei. Die Bauregeln beim Olympischen Dorf seien so geändert worden, dass Calvalho 17 Stockwerke hoch bauen durfte - weit höher als in der Umgebung, kritisiert der Anwalt für Immobilienrecht Jean Carlos Novaes.

(dpa)
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