Bürgermeister von Rio De Janeiro Herrscher über die Olympia-Stadt

Rio De Janeiro · Eduardo Paes ist Bürgermeister von Rio de Janeiro. Der 46-Jährige wehrt sich gegen Kritik an der Stadt als Austragungsort der Spiele und verweist lieber auf nachhaltige Investitionen.

 Unterwegs mit der Olympischen Fackel: Eduardo Paes.

Unterwegs mit der Olympischen Fackel: Eduardo Paes.

Foto: dpa, brv afcu ss

Eduardo Paes ist mit sich sehr zufrieden. Es ist spät geworden an diesem Abend. Der Bürgermeister von Rio war eben noch bei einem Termin auf dem Olympia-Gelände, mit knapp zweistündiger Verspätung ist er nun zurück zum Gesprächstermin in seinem Büro. Er setzt sich hin, steht wieder auf, er dreht sich mit seinem Stuhl nach links, dann wieder andersherum. Er drückt hektisch auf eine Klingel auf dem Tisch vor sich, wedelt mit den Händen durch die Luft, bestellt sich einen Espresso, setzt die Tasse vier-, fünfmal an, um dann doch einen anderen Gedanken zu erzählen. Irgendwann stellt er das kaltgewordene Getränk zur Seite und bestellt sich ein neues. Zwischendurch sagt er Sätze wie diesen: "Nach Olympia wird Rio eine komplett andere Stadt sein — sozialer, sicherer und geeinter."

Über den ersten Teil seiner Aussage herrscht über alle Parteigrenzen hinweg große Einigkeit. Tatsächlich wird sich Rio nach den 31. Sommerspielen der Neuzeit gravierend verändert haben. Vermutlich so schnell und deutlich wie selten in der Geschichte der Stadt am Zuckerhut. Ob es durch die Spiele allerdings zu einem besseren, einem gerechteren Ort wird, darüber gibt es durchaus unterschiedliche Ansichten.

Vor ein paar Monaten ist in Rio ein Fahrradweg eingestürzt. Eine 3,9 Kilometer lange Brückenkonstruktion auf Stelzen direkt am Meer entlang. Es war das Prestigeobjekt von Paes. Eine Welle hat ein Teilstück zerstört und zwei Menschen in den Tod gerissen. Nach ersten Ermittlungen soll von den Ingenieuren nicht die "Macht des Meeres" einkalkuliert worden sein. Paes findet das Unglück "total bedauerlich", meint aber nicht, dass es Anlass bietet, grundsätzliche Bedenken an südamerikanischen Planungen anzubringen. Das ist das andere Gesicht von Paes. Wer ihn kritisiert, wird angeraunzt, um ein paar Sätze später schon wieder von ihm umgarnt zu werden. Was einem denn einfiele, besonders aus Deutschland, über Großprojekte zu spotten. "Wann wird dieser große Flughafen in Berlin eröffnet?" Thema für ihn abgehakt.

Australier erzürnen Paes

Seine politische Zukunft ist nicht ganz überraschend eng mit dem Verlauf der Olympischen Spiele verbunden. Dementsprechend harsch kontert er Kritik. Als die australische Mannschaft vor Beginn der Spiele den Einzug in das Olympische Dorf verweigerte, weil sie die Verhältnisse in den Quartieren als "unzumutbar" ablehnte, schäumte Paes vor Wut. Er werde ihnen ein Känguru schicken, damit sie sich wie zu Hause fühlen, ätzte der 46-Jährige. Als er wieder etwas abgekühlt war, entschuldigte er sich bei den Australiern, versprach ihnen eine Handwerkertruppe zur schnellen Beseitigung der Mängel und lud die Delegation auf ein Bier ein. Problem gelöst. Findet er zumindest.

Paes rühmt sich gerne damit, dass die Kosten für diese Spiele extrem gering seien. Die Rede ist von rund zwölf Milliarden Euro. Etwa drei Milliarden davon sind Ausgaben für das Organisationskomitee, der überwiegende Teil wird als dauerhafte Hinterlassenschaft gewertet. Dazu zählen unter anderem der Ausbau der U-Bahn, Schnelltrassen für Busse und Umweltprojekte. Um die Kosten möglichst gering zu halten, hat er viele seiner Freunde eingebunden. Mehr als die Hälfte der Gesamtausgaben für das Megaevent sind aus der Privatwirtschaft beigesteuert worden. Kritiker halten ihm vor, Immobilieninvestoren hätten besonders begehrte Areale deutlich unter Wert bekommen.

Paes wurde lange als neuer Staatspräsident Brasiliens gehandelt. Er hat das immer heftig dementiert. "Für mich steht ein Neustart bevor", erzählt er. Irgendwann nach den Olympischen Spielen will er das Amt des Bürgermeisters niederlegen und als Gastprofessor in den USA arbeiten. Vielleicht, erzählt er, ergebe sich auch ein Engagement in Deutschland. "Ich liebe das Land und das Bier", sagt er.

Nun will er erst weiter ein guter Gastgeber sein. "Bei uns ist nicht alles perfekt", befindet er und trinkt an seinem Espresso, "aber auch ganz bestimmt nicht alles schlecht."

(gic)
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