Olympia-Absage Zverev blamiert den deutschen Tennisbund

Rio/Düsseldorf · Der 19-Jährige teilt wenige Tage vor dem Beginn der Spiele seine Absage über eine Mitteilung in dem Netzwerk " Instagram" mit.

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Foto: ap, AG LT

Der 19-Jährige teilt wenige Tage vor dem Beginn der Spiele seine Absage über eine Mitteilung in dem Netzwerk " Instagram" mit.

Vor vier Jahren hat Philipp Kohlschreiber mit einer verwackelten Videobotschaft den Deutschen Tennis-Bund (DTB) vorgeführt. Tage vor dem Start der Spiele in London verkündete er seinen Verzicht auf die Sommerspiele. Nun hat sich Alexander Zverev mit einem Beitrag auf der Plattform " Instagram" zu Wort gemeldet und seine Teilnahme am olympischen Tennisturnier von Rio abgesagt. "In meinen letzten beiden Matches in Washington und Toronto habe ich mich nicht 100prozentig gut gefühlt", schreibt Zverev. In Washington hatte es der 19 Jahre alte Hamburger vor gut einer Woche ins Halbfinale geschafft, beim Masters-Series-Turnier in Toronto in dieser Woche kassierte er eine Erstrunden-Niederlage gegen Lu Yen-Hsun aus Taiwan. Zverev: "Nach mehreren Gesprächen mit Ärzten und meinem Team haben wir entschieden, dass ich zurückziehen muss."

Ein von Alexander Zverev (@alexzverev123) gepostetes Foto am 30. Jul 2016 um 8:15 Uhr

Für den deutschen Verband ist das schon ein herber Rückschlag. Beim DTB hatte man sich nach Jahren der Querelen vor allem Geschlossenheit und Zusammenhalt verordnet. Die eigenen Egos sollten sich der gemeinsamen Sache unterordnen. Selbst Kohlschreiber hatte Besserung gelobt und sich bisher auch den Harmonie-Kodex gehalten. Zverev wäre sein Doppelpartner gewesen. Eine Medaille für die beiden wäre zumindest nicht komplett illusorisch gewesen.

Der DTB ist um Schadensbegrenzung bemüht. "Ich glaube, dass er einfach platt ist. Er hat viele Matches gespielt", sagt DTB-Sportdirektor Klaus Eberhard. "Er ist nicht in der Lage, Olympia so zu spielen, wie er sich das vorstellt. Er ist sehr ehrgeizig und hätte auch um eine Medaille mitspielen wollen." Das hat es vermutlich auch noch nicht so oft gegeben, dass ein Spieler sich mit der Begründung "zu platt" von den Olympischen Spielen abmeldet - eine Ohrfeige für viele andere Sportler, für die eine Teilnahme bei Olympia den Höhepunkt ihrer Karriere bedeutet. Es würde schlichtweg im Fall von Zverev bedeuten, dass er sich verplant hat. Für die Tennisprofis ist Olympia nur eine zusätzliche Belastung - für die sie in diesem Jahr weder durch eine Siegprämie oder Punkte für die Weltrangliste entschädigt werden. Offenbar reicht Dabeisein für die Ehre nicht mehr.

"Er ist einfach ausgebrannt, der Akku ist leer", sagt DTB-Vize Dirk Hordorff im Gespräch mit der "Deutschen Presse-Agentur" (DPA). "Es macht wenig Sinn, anzutreten, wenn man nicht bei 100 Prozent ist." Die Entscheidung zur Absage nennt er "nachvollziehbar". Auf die Frage, ob Zverev nicht seinen Turnierplan angesichts der Belastung anders hätte gestalten sollen, sagt er: "Im Nachhinein hätte man sicher das eine oder andere anders machen können. Aber im Nachhinein weiß man auch die Lottozahlen." Der gewiefte Funktionär Hordorff weiß genau, dass dieser Vergleich hinkt. Zverev ist nicht irgendein Spieler, er ist das Versprechen des DTB auf eine bessere Zukunft.

Alexander, genannt Sascha, Zverev, in Hamburg geboren, Sohn russischer Eltern, ist so etwas wie die Lebensversicherung für die Tennisbranche hierzulande. Der DTB fördert ihn mit 60.000 Euro im Jahr. "Wir zahlen ihm den größten Teil des Gehalts für seinen Fitnesstrainer gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund", hat Hordorff einmal im Gespräch mit unserer Redaktion verraten. "So eine Unterstützung gab es in dieser Größenordnung noch nicht beim DTB. Vergleichbare Spieler wurden früher mit maximal 5000 Euro im Jahr gefördert. Das reicht heute einfach nicht mehr aus. Wir müssen unsere außergewöhnlichen Talente so behandeln, dass sie auch mit den außergewöhnlichen Talenten anderer Nationen Schritt halten können."

Es ist nicht das erste Mal, dass der DTB versucht, die Launen des Hoffnungsträgers zu erklären. Nach Zverevs Erstrunden-Aus beim Heimturnier am Hamburger Rothenbaum gab es Kritik an der sportlichen Leistung und dem etwas patzigen Auftritt des Teenagers in der Pressekonferenz - was Hordorff und Eberhard damals zu einer Verteidigungsrede ihres derzeit wertvollsten Profis veranlasste.

Der Imageschaden durch das Olympia-Aus ist erheblich.

(gic)
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