IOC vertagt Entscheidung Die olympische Familie

Lausanne/Düsseldorf · Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat nach den Enthüllungen über russisches Staatsdoping noch nicht entschieden, ob die Sportler des Landes an den Spielen von Rio teilnehmen dürfen.

 Unter Funktionären (hintere Reihe von links): Russlands Sportminister Witali Mutko, Ministerpräsident Dimitrij Medwedew, Staatspräsident Wladimir Putin und IOC-Präsident Thomas Bach.

Unter Funktionären (hintere Reihe von links): Russlands Sportminister Witali Mutko, Ministerpräsident Dimitrij Medwedew, Staatspräsident Wladimir Putin und IOC-Präsident Thomas Bach.

Foto: imago sportfotodienst

Alfons Hörmann ist mit der Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), erst einmal noch nichts zu entscheiden, total zufrieden. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) findet, man solle jetzt mal lieber nichts überstürzen. Schließlich würde es sich ja bei einem möglichen Ausschluss Russlands von den Sommerspielen in Rio (5. bis 21. August) um einen "sporthistorisch einmaligen und sehr weitreichenden Vorgang handeln". Man könnte allerdings auch der Ansicht sein, dass schon viel zu lange gewartet worden ist.

Das IOC wird jedenfalls frühestens morgen ein Urteil fällen. Nach einer mehrstündigen Telefonkonferenz des Exekutiv-Komitees unter Leitung von Präsident Thomas Bach entschied man sich für diesen Fahrplan. Der Internationale Sportgerichtshof CAS urteilt über 68 russische Leichtathleten, die nach der Sperre durch den Weltverband IAAF ihre Teilnahme in Rio vor der letzten Instanz der Sportgerichtsbarkeit erzwingen wollen. Es werde "die CAS-Entscheidung am Donnerstag ebenso in Betracht ziehen wie den Welt-Anti-Doping-Code und die Olympische Charta", erklärte das IOC. Laut IAAF dürfen nur jene Leichtathleten aus dem größten Land der Welt in Rio starten, die nachweislich nicht ins russische Doping-Kontrollsystem fielen.

Der IOC will sich aber nicht den Vorwurf gefallen lassen, überhaupt nichts getan zu haben - und bestraft immerhin schon einmal russische Funktionäre aus der zweiten und dritten Reihe. Als vorläufige Maßnahmen dürfen weder Offizielle des russischen Sportministeriums noch andere im Report der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA erwähnte Personen zu den Spielen nach Rio reisen. Zudem werde das IOC keine Sportveranstaltungen in Russland organisieren. Dies schließt auch die Europa-Spiele 2019 ein. Ein prominenter Name ist allerdings nicht zu finden. Auch der von Sportminister Witali Mutko fehlt.

Inzwischen befasst sich die Ethikkommission des Weltfußballverbands Fifa mit der Rolle von Mutko (57) in der Doping-Affäre. Mutko sitzt im Fifa-Rat, dem Council, der so etwas wie die Regierung des Weltfußballs ist. Das Gremium hat das frühere Exekutivkomitee abgelöst. "Die Untersuchungskammer der Ethikkommission nimmt die Veröffentlichung des Wada-Berichtes zur Kenntnis und wird diesen eingehend prüfen", teilte die Fifa mit, "sollte der Bericht Verstöße gegen das Ethikreglement aufzeigen, wird die Untersuchungskammer geeignete Maßnahmen ergreifen und entsprechend informieren."

Mutko gehört zu jener Gruppe von Funktionären, die man die Petersburg-Connection nennen könnte. Er begann seine politische Karriere genau wie Wladimir Putin im Rathaus von St. Petersburg. 1992 wurde er dort Vize-Bürgermeister und in den Aufsichtsrat des Fußballvereins Zenit St. Petersburg gewählt. Ab 1995 war er Präsident des Klubs. Er gewann Gazprom als Hauptsponsor und führte den Klub aus der zweiten Liga an die russische Spitze.

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In der Amtszeit von Präsident Dmitri Medwedew, auch er stammt aus der Petersburg/Gazprom-Verbindung, wurde Mutko russischer Sportminister. Obwohl der russische Rechnungshof wegen des Verdachts der Begünstigung Strafanzeige erstattete, blieb Mutko im Amt, und er gehörte zum Aufsichtsrat des Organisationskomitees für die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi.

Ungeachtet der Enthüllungen des McLaren-Reports bleibt Mutko weiter an der Spitze des Sportministeriums. "Mutko wurde nicht als Hintermann hinter den Verfehlungen erwähnt, er wird dessen nicht wie andere Personen verdächtigt", sagte ein Sprecher von Präsident Putin, "Mutko wurde nicht als eigentlicher Täter erwähnt."

(RP)
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