Kolumne Gegenpressing Ein Glück, dass es Horst Hrubesch gibt

Der Trainer der Olympia-Auswahl tut Deutschlands Fußball gut. Er spricht das einfache, klare Wort, er hat mit modischen Dingen nichts am Hut. Und gerade deswegen kommt er auch in der Generation seiner Enkel an.

 RP-Sportchef Robert Peters

RP-Sportchef Robert Peters

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Es gibt Laptop-Trainer, es gibt Konzepttrainer. Es gibt Trainer, die alle fünf Minuten ihre Spielphilosophie preisen. Es gibt gesprächige Trainer, es gibt schweigsame Trainer. Es gibt mitspielende Trainer, es gibt stoische Trainer. Und es gibt Horst Hrubesch (65). Den gibt es wirklich nur einmal.

Während viele seiner Kollegen in jeder zweiten Pressekonferenz wissenschaftliche Abhandlungen über das Verteidigen gegen den Ball, die neuesten Erkenntnisse über abkippende Außen oder falsche Neuner, über Dreierketten und Umschaltspiel anbieten, bleibt Hrubesch bei sich. Er macht gar nicht erst den Versuch, Dinge komplizierter darzustellen, als sie sind.

So führt der Coach der deutschen Olympia-Auswahl seine Mannschaften. Er ist ein Meister der richtigen Tonlage. Vor allem mit dieser Fähigkeit, mit einer Mischung aus bärbeißigem Charme, der Sprache aus den Fußball-Gründerzeiten, menschlicher Wärme und Sachverstand hat er eine Mannschaft ins Finale der Olympischen Spiele gecoacht, die als Verlegenheitsteam beginnen musste.

Weil die Vereine in Deutschland so wichtig sind, bekam Hrubesch zwar nach viel Bettelei eine Mannschaft zusammen, aber kaum Zeit zur Vorbereitung. Zweimal durften die Deutschen zusammen trainieren, da ging es bereits ins Turnier. Zeit zur Anpassung ans Klima, taktische Einstimmung, Eingewöhnung in die neue Zeitzone: Fehlanzeige. So mancher hätte gejammert, viele hätten den Job quittiert. Hrubesch sagte: "Wir müssen es nehmen, wie es kommt."

Er hat seine Mannschaft im Turnier eingespielt. Seit der K.o.-Runde bietet sie erstaunlich guten Fußball. Und das widerlegt endgültig die überhebliche Einschätzung, Hrubesch sei allein der gute Grüßonkel, dem der DFB regelmäßig eine Auswahl an Höchstbegabten zur Verfügung stellt, mit der jeder halbwegs mit den Fußballregeln vertraute Hobbytrainer große Titel gewinnen würde.

Das hat man Hrubesch zum Beispiel nachgesagt, als er 2009 mit einer U 21 Europameister wurde, in der Manuel Neuer, Benedikt Höwedes, Mesut Özil, Mats Hummels, Jerome Boateng und Sami Khedira standen. Die sechs Jungs wurden später Weltmeister. Hrubeschs Verdienst daran wurde verschwiegen.

An seinen Verdiensten um eine olympische Medaille kommt aber niemand vorbei. Nicht einmal jene, die ihn naserümpfend für ein wenig schlicht halten. Vielleicht ist er das sogar. Er ist ein Mann der einfachen Wahrheiten, der klaren Worte. Das branchenübliche Geklingel liegt ihm nicht. In Brasilien ist er gefragt worden, was er seiner Mannschaft vor dem Halbfinale sagen werde. "Das weiß ich nicht", hat er geantwortet, "das kommt aus dem Bauch."

Es ist allerdings in der Regel das Richtige. Das zeigen die Ergebnisse. Da erreicht einer, der das maßgebliche Buch zum "Dorschangeln vom Boot und an den Küsten" (leider vergriffen) geschrieben, bis vor kurzem Haflinger gezüchtet hat und der insgesamt von einem eher bäuerlichen Grundwesen ist, eine Generation der Hiphopper und Halb- bis Ganzkörpertätowierten. Großes Gewese macht er nicht darum.

Ein Glück, dass es Horst Hrubesch gibt.

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(RP)
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