Freiwasser-Weltmeisterin Schwimmerin Härle mag nicht, was sie tut

Rio de Janeiro · Isabelle Härle aus Essen hat sich ihren Olympia-Traum mit etwas erfüllt, das sie gar nicht mag: Freiwasserschwimmen. Zwei WM- und einen EM-Titel hat sie schon gewonnen.

 Freischwimmerin Isabelle Härle

Freischwimmerin Isabelle Härle

Foto: dpa, msc nic

Die Kulisse ist atemberaubend. "Wenn man atmet und den Zuckerhut sieht und die Copacabana, dann denkt man: Das könnte man öfter machen", sagt Isabelle Härle. Doch die Freiwasser-Weltmeisterin mag nicht wirklich, was sie tut - auch wenn es sie zu den Olympischen Spielen nach Rio gebracht hat. "Ihr geht doch auch nicht gerne in 16 Grad kaltes Wasser, oder?"

Ein wenig wärmer ist das Meer schon am berühmtesten Strand der Welt, an dem die 28-Jährige aus Essen am Montag (14 MESZ) mit Medaillenchancen über die zehn Kilometer an den Start geht. Doch die Bedingungen gefallen der früheren Beckenschwimmerin gar nicht. "Kaltes Wasser, hohe Wellen, es gibt Schöneres", gibt sie zu.

In den vergangenen Tagen schlugen mehrere Meter hohe Brecher an den Strand, sie rissen sogar die Startbrücke für die Freiwasserschwimmer los und zerbrachen sie. Das Training am Samstag musste abgesagt werden. Am Sonntag waren die Bedingungen deutlich besser: "20, 21 Grad Wassertemperatur, wenig Wellengang, strahlender Sonnenschein", berichtete Bundestrainer Henning Lambertz.

Auch wenn für Montag ähnliches Wetter vorhergesagt ist - eigentlich schwimmt Härle lieber in noch viel ruhigerem Gewässer. So wie 2013 im Hafen von Barcelona oder zwei Jahre später in der Kasanka in Kasan, wo sie jeweils Teamweltmeisterin wurde. Oder auf der Regattastrecke Berlin-Grünau, wo sie 2014 EM-Gold über fünf Kilometer gewann.

Härle wechselte vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren das Metier gewechselt und aus dem Schwimmbecken in die Flüsse und Meere dieser Welt umgezogen zu sein, bereut sie nicht. "Ich wollte unbedingt zu Olympia", sagt sie, "was ich hier schwimme, ist mir egal." Die ungeliebte Sportart hat sie nicht nur nach Brasilien, sondern auch zusammen mit vier anderen deutschen Sportlerinnen aufs "Playboy"-Cover gebracht.

Die Lurz-Brüder, Rekordweltmeister Thomas und Bundestrainer Stefan, überredeten die 1500-Meter-Schwimmerin vor der WM 2011 zum Wechsel. "Wir haben sie ganz schön belatschert", erinnert sich Thomas Lurz. In Shanghai gewann Härle im Sog des besten Freiwasserschwimmers der Welt gleich Bronze im Teamwettbewerb - und blieb dabei.

"Ich habe gemerkt, dass ich da nicht so schlecht bin", sagt sie. Zwei WM- und ein EM-Titel folgten, doch was sie für ihren olympischen Traum macht, ist ihr immer noch "suspekt".

Beim Testwettkampf vor einem Jahr wurde sie auf der Olympiastrecke Dritte - trotz widriger Bedingungen. "Die Wellen waren so hoch, dass man teilweise die Bojen nicht sehen konnte. Das erhöht die Gefahr, dass man vom Kurs abkommt", berichtet ihre Trainerin Nicole Endruschat.

Härle hat sich "Platz acht und besser" als Ziel gesetzt, sagt aber auch: "Reisen wir nicht alle an, um zu gewinnen? An einem super Tag, wenn alles stimmt..." Da könnte sie bei der Siegerehrung auf dem Podest stehen - weil sie etwas (gut) macht, was sie gar nicht mag.

(sb/sid)
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