Olympia 2016 Werths treueste Fans feiern Silber-Ritt

Rheinberg · Die Dressurreiterin aus Rheinberg muss in der olympischen Kür nur der großen Favoritin Charlotte Dujardin den Vortritt lassen. Bronze gewinnt Kristina Bröring-Sprehe aus Dinklage.

 Daumendrücken vor dem Bildschirm: Volles Wohnzimmer bei Isabelle Werths Schwester Claudia Renkens im heimischen Rheinberg.

Daumendrücken vor dem Bildschirm: Volles Wohnzimmer bei Isabelle Werths Schwester Claudia Renkens im heimischen Rheinberg.

Foto: Arnulf Stoffel

Gestern um kurz nach 18.30 Uhr hallte ein Jubelschrei durchs Wohnzimmer der Familie Renkens. Soeben war das Kürergebnis von Isabell Werth bekanntgegeben worden. 89,071 Prozent bekam die Rheinberger Dressurreiterin für ihre sechsminütige Choreographie auf Stute Weihegold - Silber im Einzel nach Gold mit der deutschen Mannschaft. Freunde, Familie und ihre Mitarbeiter aus dem heimischen Stall verfolgten den dritten Auftritt bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro am TV. Claudia Renkens, die ältere Schwester der Dressurqueen vom Niederrhein, hatte eingeladen und das Wohnzimmer in eine kleine Fan-Arena umgewandelt. "Das war eine Reifeprüfung für Isabell und eine Zugabe zum Team-Olympiasieg", sagte Mama Brigitte Werth (74), die mit ihrem Ehemann Heinrich (80) unweit des Wohnhauses ihrer berühmten Tochter vor dem Fernseher mitfieberte.

Eine halbe Stunde zuvor war ein Raunen im Wohnzimmer zu hören gewesen. Die große Favoritin Charlotte Dujardin (Großbritannien) hatte sich mit Valegro an die Spitze des Klassements gesetzt. Die sieben Richter bewerteten die Kür der Titelverteidigerin mit 93,857 Prozentpunkten. "Das kann doch nicht wahr sein", sagte Heinrich Werth und drückte mit hochgezogener Stirn seine Verwunderung über die hohe Benotung aus. Ihm und den anderen Zuschauern im mit Deutschlandflaggen geschmückten Fan-Studio war da schon klar, dass Gold vergeben ist. Nun hieß es warten. Isabell Werth war der letzte Startplatz zugelost worden. "Meine Schwester ist eine Kämpferin. Allerdings wird's schwer. Isabell darf sich keinen Fehler leisten", so Renkens, die aufgeregt durchs Haus lief, während weitere Konkurrenten im olympischen Viereck auftraten.

Dann endlich war Isabell Werth an der Reihe. Ihre treusten Fans daheim stellten die Gespräche ein. Claudia Renkens wollte sich auch jetzt nicht setzen. Stehend und beide Daumen drückend verfolgte die 49-Jährige den Auftritt ihrer kleinen Schwester, die keine ganz fehlerfreie Kür zeigte. Alle schauten gebannt nach vorne. Nur Mogli, der Hund von Beatrice Buchwald, die als Bereiterin bis Ende vergangenen Jahres im Sattel von Weihegold gesessen hatte, lief umher.

Es waren letztlich Kleinigkeiten und daher war nicht nur das Ehepaar Werth voller Zuversicht, dass ihre Tochter im fernen Brasilien ihre zehnte olympische Medaille gewinnen kann. Lange zwei Minuten vergingen, ehe das Ergebnis feststand und über den Bildschirm verkündet wurde. Der Jubel war riesengroß. Alle fielen sich in die Arme, es flossen sogar Tränen. "Die Piaffe-Passage-Tour war sehr, sehr gut und die Wechsel hervorragend", lobte Merry Ingensand, die Assistentin der Kür-Zweiten, ihre Chefin. Heinrich Werth waren "zwei kleine Kratzer" aufgefallen. "Man muss die Weltklasse-Leistung von Charlotte Dujardin anerkennen. Es war ein starkes Feld. Da entscheiden Nuancen über die Platzierungen. Isabell hat mit der jungen Stute das Optimum herausgeholt", sagte der 80-Jährige.

Medaillengewinnerin soll am Freitag gefeiert werden

Während er und die anderen auf die Siegerehrung warteten, wurden Schnittchen verteilt. Und es wurde schon mal über den großen Empfang durch Isabell Werths Heimatverein gesprochen. Am Freitag um 18.30 Uhr will der RV "Graf von Schmettow" Eversael auf der Anlage in Rheinberg-Budberg die zweifache Medaillengewinnerin von Rio hochleben lassen.

Bis dahin wird die Blondine noch etliche Hände schütteln und Gratulationen entgegennehmen. "Ich bin einfach nur super-happy. Es war natürlich schwer, die 93 Prozent waren fast unmöglich. Es waren zwei Kleinigkeiten drin, aber die hätten uns auch nicht mehr gerettet. Ich musste Risiko gehen", sagte Werth kurz nach ihrem Silber-Ritt im ZDF. Und noch eine zweite Einzelmedaille ging nach Deutschland. Kristina Bröring-Sprehe sicherte sich auf Desperados Platz drei auf dem Siegertreppchen (87,142). Dementsprechend angetan war Bundestrainerin Monica Theodorescu: "Das ist genial. Gold, Silber, Bronze - das ist ein Spitzenergebnis für uns. Wir haben ein Super-Team."

Dorothee Schneider und ihr Showtime, nach der überragenden Performance im Special fast so etwas wie die Geheimfavoriten, zeigten in der Kür Nerven. Die sicher geglaubte Medaille war mit 82,946 Prozentpunkten außer Reichweite - nur Platz sechs.

(RP)
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