Isabel Werth Der Traum vom sechsten Gold

Rheinberg/Rio · Isabell Werth hätte komfortabler nach Rio de Janeiro fliegen können. Die weltweit erfolgreichste Dressurreiterin wollte Weihegold, die hoch gelobte Rappstute aus dem heimischen Stall über den Wolken aber nicht alleine lassen. Für das Pferd war's die erste Reise im Transportflugzeug. So nahm die 47-jährige Reiterin einige Meter hinter der Box Platz und verzichtete auf Annehmlichkeiten, die die meisten anderen Teilnehmer der Olympischen Spiele während ihrer Anreise in Anspruch nehmen. "Es ist zwar nicht besonders bequem, aber es gibt mir ein besseres Gefühl", sagte Werth, die mit der deutschen Equipe im Teamwettbewerb zu den Favoriten zählt. Sie darf zudem mit einer Einzelmedaille liebäugeln.

 Isabell Werths Pferd trägt das "Gold" schon im Namen.

Isabell Werths Pferd trägt das "Gold" schon im Namen.

Foto: afp, PST

Die Rheinbergerin wird den Flug auch genutzt haben, um zu entspannen. Die Wochen nach dem CHIO in Aachen waren stressig. "Eigentlich hätte ein Tag 48 Stunden haben müssen." Interviews und die Reisevorbereitung nahmen viel Zeit in Anspruch. Der normale Reitbetrieb ging aber weiter. Hinzu kam das Training mit Weihegold, mit dem Werth erst seit Anfang dieses Jahres an großen Turnieren teilnimmt. Die Blondine ließ es im Viereck allerdings ruhiger angehen. Es galt, die Form zu halten und die Stute nicht zu überfordern.

Es wurde an der Durchlässigkeit oder an der choreographischen Abstimmung der neu eingespielten Kür gearbeitet. "Den CHIO hat sie gut überstanden. Es war lehrreich für mich, dass Weihegold die Form des ersten Tages nicht ganz halten konnte. Das sollte uns in Rio nicht passieren." Bei der Generalprobe in der Soers hatte Werth auf Weihegold den Grand Prix mit 83,271 Prozentpunkten für sich entschieden. In der Kür verteilten die Richter 86,950 Prozent. Nur ihre deutsche Teamkollegin Kristina Bröring-Sprehe auf Desperados war besser.

Die Erfolge von Aachen weiß Isabell Werth aber richtig einzuordnen. Denn die Hauptkonkurrenten um olympisches Gold aus Großbritannien und den Niederlanden fehlten. Dennoch machte die Rheinbergerin kurz vor ihrem Abflug nochmals deutlich, dass sie mit der deutschen Mannschaft ihr sechstes olympisches Gold holen möchte. "Ohne überheblich klingen zu wollen: Es muss unser Anspruch sein, Erster zu werden." 1992 bei den Spielen in Barcelona stand Isabell Werth erstmals mit dem Team ganz oben auf dem Siegertreppchen. Mit Gigolo gewann sie unter der spanischen Sonne noch Silber.

Gold und Silber sind auch in Rio möglich. Weihegold bringt ähnlich gute Voraussetzungen wie Gigolo oder Satchmo mit, auf denen Werth zu Olympiamedaillen ritt. Am 12. August im Grand Prix Special wird's ernst für die deutsche Dressurequipe. Am 15. August kämpfen dann die besten 18 Paare im Reitstadion, das rund 30 Kilometer vom Olympischen Dorf entfernt ist, um die Einzelmedaillen. Für die Kürentscheidung hat die Rheinbergerin, für die es die fünften Olympischen Spiele sind, eine eindeutige Favoritin: "An Charlotte Dujardin geht kein Weg vorbei. Dahinter gibt's ein Handvoll Kandidaten, die ebenfalls um Medaillen kämpfen. Gerade bei solch einem Ereignis wird die Tagesform entscheidend sein." Sollte die siebenmalige Weltmeisterin tatsächlich in der brasilianischen Metropole ihr sechstes Gold gewinnen, wäre sie nach der Kanutin Birgit Fischer die zweiterfolgreichste deutsche Sportlerin bei Olympischen Sommerspielen.

Eine Statistik, über die sich Werth keine Gedanken macht. Sie freut sich vielmehr darüber, überhaupt dabei zu sein. 2012 in London war sie nämlich nur Zuschauerin. Die damalige Nichtnominierung ist längst vergessen. Jetzt hat Werth in Weihegold wieder ein Dressurpferd, mit dem sie ihre ohnehin schon eindrucksvolle Trophäensammlung erweitern kann.

(RP)
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