Dressur-Finale bei Olympia Der Vierkampf der Amazonen

Rio de Janeiro · Das Finale um Einzelgold in der Dressur schien lange auf ein Duell zwischen Kristina Bröring-Sprehe und der Britin Charlotte Dujardin hinauszulaufen. Jetzt ist es ein Vierkampf geworden.

Isabell Werth hält Gold im Einzel kaum für möglich.

Isabell Werth hält Gold im Einzel kaum für möglich.

Foto: dpa, hpl

Ganz Britannien war geschockt. Not amused sozusagen. Nach dem groben Patzer, den sich Dressur-Queen Charlotte Dujardin und ihr wilder Valegro in der Mannschaftsentscheidung geleistet hatten, war sogar himmlischer Beistand gefragt. "Ich werde vor dem Einzel-Finale mit Charlotte zur Christus-Statue fahren", kündigte Trainer Carl Hester mit einem Augenzwinkern an: "Wir brauchen ja offensichtlich dringend Hilfe."

Die deutschen Amazonen hatten höchst interessiert zugesehen, als der vermeintlich unfehlbare Valegro vor der Traversale viel lieber galoppieren als locker antraben wollte - und seine Reiterin alle Mühe hatte, ihr widerspenstiges Pferd an seine Pflichten im Viereck zu erinnern. Die Noten gingen runter bis 3,7 - ein Debakel für ein so herausragendes Paar wie Dujardin und Valegro. Und ein Hoffnungsschimmer für die deutsche Mannschaft.

"Es ist beruhigend zu wissen, dass die beiden überhaupt Fehler machen können", sagte Bundestrainerin Monica Theodorescu. Sie hat in der Weltranglistenersten Kristina Bröring-Sprehe, der nun sechsmaligen Olympiasiegerin Isabell Werth und der bislang überragenden Dorothee Schneider gleich drei heiße Eisen im Feuer, wenn am Montag in der Grand Prix Kür der Titel im Einzel vergeben wird.

Das auf den ersten Blick heißeste Eisen ist nach den Eindrücken aus dem Grand Prix Special Isabell Werth. Doch die erfolgreichste Reiterin der Olympia-Geschichte wiegelt ab. "Es ist eher unwahrscheinlich, dass Weihegold innerhalb von drei Tagen zweimal eine solche Performance gelingt", sagt Werth mit viel Understatement in der Stimme und einem kleinen Lächeln im Gesicht.

Aus ihrer hochveranlagten, aber mit elf Jahren noch längst nicht fertigen Stute holte Werth im Special alles heraus, sie ließ keinen einzigen Punkt liegen - Luft nach oben gibt es kaum noch. Die Favoritenrolle liege deshalb nach wie vor klar bei Charlotte Dujardin. "So ein Fehler wie im Special wird ihr kein zweites Mal passieren", glaubt Werth.

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Tiefstapeln statt abheben, das ist wie immer auch die Devise von Kristina Bröring-Sprehe. Ihr Desperados zeigte im Special aber auch längst nicht das, was man von dem erfahrensten der deutschen Pferde gewohnt ist, er wirkte angespannt und übermotiviert. "Ein bisschen sehr forsch" sei er gewesen, sagte die Reiterin, und die Enttäuschung im gesamten Team Sprehe war unübersehbar. Zwar fängt am Montag in der Kür alles wieder bei null an, doch der Eindruck, den das Paar im Special hinterlassen hat, dürfte bei der Jury hängengeblieben sein.

Viel mehr als nur ein Geheimtipp ist dagegen Dorothee Schneider. Ihr Showtime, "mein schüchterner Junge", deutete bei vielen Elementen sein gewaltiges Potenzial an. Der Wallach ist voller Energie, er präsentiert sich im stetigen Bewusstsein seiner kraftvollen Schönheit und hat im Gegensatz zu Weihegold noch viel Luft nach oben - "wenn wir das mit der Pirouette bis Montag hinkriegen", sagt Schneider. Die machte Showtime sowohl im Grand Prix als auch im Special zu früh auf, wofür es jeweils deutliche Punktabzüge gab.

(sid)
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