"Schlechteste Spiele, die wir je hatten" Andere Athleten geben Strutz Kontra

Rio de Janeiro · Nach der von Martina Strutz geäußerten Kritik an den angeblich "schlechtesten Spielen aller Zeiten" folgte ein Echo, das die Stabhochspringerin möglicherweise nicht erwartet hat.

 Athletensprecherin Martina Strutz sprach wohl nicht für alle.

Athletensprecherin Martina Strutz sprach wohl nicht für alle.

Foto: dpa, hpl

Gut möglich, dass Martina Strutz nach ihrer Kritik an Olympia, an Rio und überhaupt an allem mit einer anderen Reaktion gerechnet hatte. "Ich kann ja verstehen, dass man nach einem für sich selbst enttäuschenden Wettkampf Frust rauslässt", sagte Michael Vesper, in Rio Chef de Mission der deutschen Mannschaft. DOSB-Präsident Alfons Hörmann, so berichtete Vesper weiter, habe sogar gefragt, ob Strutz die Kritik vor oder nach ihrem Wettkampf geäußert habe. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Mit einer kleinen Anleihe bei Giovanni Trapattoni und seiner legendären Wutrede von 1998 ("Was erlauben Strunz") ließe sich getrost die Frage stellen: Was erlauben Strutz? Ihr Wettkampf, der Stabhochsprung, hatte für die WM-Zweite von 2011 und EM-Zweite von 2014 mit einer ziemlichen Enttäuschung geendet. Platz neun mit übersprungenen 4,60 m war mit einiger Sicherheit nicht das, was sich die 34-Jährige von Olympia erhofft hatte. Danach legte Strutz los. Die Stimmung im Team sei "eigentlich ganz gut", es gebe aber "einige, die sagen, dass dies die schlechtesten Spiele sind".

Das klang, als gebe sie durchaus eine weit verbreitete Meinung wieder, die sie aber nicht selbst einordnete. Dabei ist Strutz in hochoffizieller Mission Sprecherin der deutschen Leichtathleten - doch auch die wollten nicht uneingeschränkt zustimmen. "Mein Olympiafazit: Es war sehr geil, die Stimmung war fantastisch", sagte Gina Lückenkemper, EM-Dritte über 200 m und in Rio im Halbfinale gescheitert. Und Bahnrad-Olympiasiegerin Kristina Vogel wies darauf hin, dass "wir hier in Südamerika sind. Da muss man sich mit gewissen Sachen eben arrangieren können."

Das konnte oder wollte Strutz aber eben genau nicht. "Man darf das Dorf nicht verlassen, in London musste man keine Angst haben", schimpfte sie: "Das hat mit dem olympischen Gedanken nichts mehr zu tun." Deutlich gelassener sah es Reck-Olympiasieger Fabian Hambüchen. Zwar bezeichnete er die Spiele von Rio im Gespräch mit der "Welt am Sonntag" als "manchmal grenzwertig, aber man darf das nicht mit europäischem Standard vergleichen. Olympia ist immer etwas Wunderbares, und das war es auch hier."

Die Kanuten und die Reiter, erfolgreiche Medaillensammler in Rio, mochten die Einschätzung von Strutz ebenfalls ganz und gar nicht teilen. "Für uns ist hier alles perfekt", sagte Springreiter Christian Ahlmann in Deodoro. Vor allem die Bedingungen für die kostbaren Pferde seien "absolut erstklassig. Die Stallungen, die ganze Anlage, der Boden, alles bestens präpariert."

Dass vor allem die sanitären Anlagen (nicht nur) in den olympischen Behausungen zum Teil erheblich zu wünschen übrig ließen, bleibt allerdings unbestritten. Das hatte Tennis-Bundestrainern Barbara Rittner gleich nach ihrer Ankunft festgestellt. Alles sei "sehr provisorisch, viele Dinge gehen kaputt, bei mir ist gleich der Klodeckel verrutscht". Sie war damit in einer eher komfortablen Situation. Nicht in jedem Bad gab es einen Klodeckel.

(sid)
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